Die bisherige Brücke stammt aus den Fünfzigerjahren, sie ist nur noch auf zwei Spuren befahrbar. Mit einer 4 Millionen Euro teuren Stabilisierung wird sie jetzt bis 2023 haltbar gemacht, um Zeit zu gewinnen. Mithilfe internationaler Planer solle jetzt nach kreativen Lösungen gesucht werden, kündigte Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies gestern an. Denn für das Projekt, eine Schnellstraße direkt vor den Fenstern von vierstöckigen Wohnhäusern neu zu bauen, gebe es aktuell keine Vorbilder. „Eine Herkulesaufgabe“, sagte Oberbürgermeister Stefan Schostok bei der Vorstellung des weiteren Vorgehens.
Insgesamt müssen vier von acht Brücken des Südschnellwegs (B 3) erneuert werden. Sie liegen zum Teil im Landschaftsschutzgebiet und im Flutgebiet der Leine, weshalb die Landesstraßenbaubehörde dem gigantischen Vorhaben einen prosaischen Namen gegeben hat: „Landschaft – Straße – Stadt“, wie Sonderplaner Jens Hanel gestern bekannt gab. Die Kosten beziffert Minister Lies auf „einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag“. Der Zeitraum bis 2023 klingt lang, ist aber in ein enges Zeitkorsett gefasst, weil etwa die gesetzliche Planfeststellung und nötige europaweite Ausschreibungen viel Zeit kosten.
Jetzt sollen unkonventionelle Ideen entwickelt werden
Jetzt aber sollen erst einmal unkonventionelle Ideen entwickelt werden. „Wir setzen auf die Kreativität fachübergreifender Kooperationen“, sagt Lies. Im Sommer startet ein Wettbewerb, an dem sich Planerzusammenschlüsse verschiedener Disziplinen beteiligen können, nicht nur aus Deutschland. Das gesamte Projekt, auch das ist Neuland, wird begleitet von einem Planungsdialog, in dem 20 bis 25 Bürger und Verbandsvertreter mitreden dürfen.
Entscheidungen allerdings werden später vom Bund gefällt, der das Vorhaben bezahlen muss. „Uns liegt daran, die für alle tragfähigste Lösung zu finden“, sagt Lies. Kein Wunder: Wenn am Ende jemand klagt und deshalb das Neubauprojekt stoppt, muss die Brücke mit ihren rund 30.000 Fahrzeugbewegungen am Tag gesperrt werden, weil sie ab 2023 nicht mehr als stabil gilt. Schon jetzt werden ihre Risse von Sensoren überwacht, die Daten in Echtzeit an die Behörde übertragen.
Chefplaner Hanel zeigte gestern einen Betonkern, der zu Prüfzwecken aus dem Brückenunterbau gesägt wurde. Der Beton ist bröselig und rissig und hält nicht mehr. Zur Stabilisierung werden im August riesige Betonkonsolen an den Brückenständern befestigt, mit denen Stahlseile Spannung auf das Bauwerk bringen. So hoffen die Planer, zumindest die derzeitige Schwerlastbegrenzung auf der Brücke aufheben zu können. Bei der aktuellen Spurbeschränkung bleibt es aber bis 2023.