Das Bundesjustizministerium prüft offenbar bereits, wie ein solches Gesetz aussehen könnte. „Eine gesetzliche Grundlage würde vor allem dann Sinn ergeben, wenn diese sich grundsätzlich auf soziale Netzwerke bezöge“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Gegenüber der HAZ verwies er darauf, dass es mit Facebook bereits eine gute Zusammenarbeit gebe, etwa bei Terrorlagen. „Es gibt ein Interesse auf beiden Seiten, die Kooperation zu vertiefen.“
Harte Strafen für Trittbrettfahrer
Nach dem Amoklauf von München hat die deutsche Polizei eine klare Warnung an Trittbrettfahrer herausgegeben. „Es gibt zurzeit Menschen, die meinen, es sei ein ,Spaß‘, mit der Angst ihrer Mitmenschen zu ,spielen‘“, hieß es auf Facebook. Dieses Verhalten könne nicht nur strafrechtliche Folgen haben, es würden auch erhebliche finanzielle Konsequenzen auf den Einzelnen zukommen. In München sollen Trittbrettfahrern, die mit solchen Posts in sozialen Netzwerken Einsätze auslösen, pro eingesetztem Beamten und Stunde jeweils 54 Euro in Rechnung gestellt werden. Komme ein Hubschrauber zum Einsatz, würden 1700 Euro pro Stunde fällig.
In Niedersachsen werden je angefangene halbe Stunde einer oder eines jeden eingesetzten Bediensteten der Polizei 27 Euro angesetzt; höchstens können 10 000 Euro in Rechnung gestellt werden. Der Einsatz von Hubschraubern wird derzeit nicht berechnet, dies ist allerdings in Planung.
Auf Polizeianfragen reagiert Facebook allerdings oftmals nur zögerlich - wenn überhaupt. Nach Berechnungen von Experten hat das größte soziale Netzwerk in den vergangenen Jahren nur jede dritte Anfrage von deutschen Behörden zu Bestandsdaten und Internetkonten beantwortet. Die Herausgabe der Informationen ist zumeist freiwillig.
Facebook etwa speichert seine Nutzerdaten in den USA und ist daher nur amerikanischen Behörden zur Auskunft verpflichtet. Wollten deutsche Behörden eine Auskunft erzwingen, müssten sie ein kompliziertes und zeitaufwendiges Rechtshilfeersuchen an ihre amerikanischen Kollegen stellen. Zugleich behauptet die Firma jedoch stets, etwa kriminelle Hasskommentare selbst nicht hinnehmen zu wollen. Wie man allerdings gegen Verbrecher im Netz vorgehen will, sagt Facebook nicht.
Anfragen innerhalb einer Stunde beantworten
Das alles wollen die Länderminister nicht länger hinnehmen. Durch eine „verbindliche Regelung“ müsse sichergestellt werden, dass die Anbieter sozialer Netzwerke „bei Auskunftsersuchen beauftragte Ansprechpartner im Inland zur Verfügung stellen und Anfragen zeitnah beantworten“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) der „Welt am Sonntag“. Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) kritisiert: „Wenn es keine zehn Sekunden dauert, dass ein in Deutschland gepostetes Foto auch in Neu-Delhi zu sehen ist, erwarte ich, dass Facebook Anfragen von Strafverfolgungsbehörden innerhalb einer Stunde beantwortet.“
Schutz persönlicher Daten ist wichtig
Bei den Grünen im niedersächsischen Landtag stößt der Vorstoß der Minister auf Zustimmung. „Es ist sinnvoll, da eine rechtliche Grundlage zu schaffen“, sagt Belit Onay, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Es diene der Rechtssicherheit auf beiden Seiten, wenn die Herausgabe der Daten klar definiert wäre. Der Schutz persönlicher Daten müsse dabei aber einen hohen Stellenwert haben. „Eine Auskunftspflicht darf es nur bei einem konkreten Verdacht geben“, meint auch der FDP-Innenexperte im Landtag, Jan-Christoph Oetjen. Den Behörden dürfe nicht gestattet werden, unnötig Daten anzuhäufen. Grundsätzlich hätten die Innenminister allerdings recht.
Umsetzung ist fraglich
Dagegen äußerte der Sprecher der niedersächsischen Datenschutzbehörde Zweifel an der Notwendigkeit eines solchen Gesetzes. „Die Daten sind zumeist vorhanden. Wir haben eher das Problem, dass sie nicht rechtzeitig erkannt und richtig verknüpft werden“, sagte Mattias Fischer. Man müsse abwarten, wie das entsprechende Gesetz ausformuliert werde, doch bleibe weiterhin fraglich, ob Facebook von Deutschland aus gezwungen werden könne, Daten herauszugeben.