Ortskundige wissen, dass die Polizei des Öfteren auf der Bundesstraße 3 in der Kurve vor der Kreuzung bei Ehlershausen blitzt. Ein Rentner aus dem Münsterland ahnte das nicht. Er gab Gas und ging in die Temposünderfalle – mit amtlichen 112 Stundenkilometern, wo Tempo 70 erlaubt ist. Das Amtsgericht bestätigte diese Woche in seinem Urteil den ergangenen Bußgeldbescheid: 160 Euro und ein Monat Führerscheinentzug.
Strafrichterin Stephanie Rohe musste sich den Fall deshalb so genau ansehen, weil der flotte Rentner den Bußgeldbescheid nicht akzeptieren wollte und Einspruch eingelegt hatte. So kam es denn zur öffentlichen Hauptverhandlung, in der nicht nur ein Polizeibeamter schilderte, mit welchem hohen technischen Aufwand eine solche Geschwindigkeitsmessung vonstatten geht, sondern auch ein von der Verteidigung in Auftrag gegebenes Gutachten im Wesentlichen die Korrektheit der Messung bestätigte.
Laut Messung war der Rentner, der seinen Tempomaten auf Tempo 100 eingestellt haben wollte, tatsächlich sogar 116 Stundenkilometer schnell gewesen. Nach Abzug der üblichen Toleranz blieben davon strafwürdige 112 übrig. Das von Verteidiger Bernhard von Boehn im Auftrag seines Mandanten privat in Auftrag gegebene Gutachten hatte an der Messung nichts zu meckern. Denn der von der Polizei gemessene Wert stützt sich auf die Messergebnisse von fünf verschiedenen Sensoren, die das Gutachten nicht anzweifelte. Dann aber machte es sich der findige Privatgutachter doch etwas einfach, nahm lediglich den niedrigsten Wert her, und kam folglich nach Abzug der Toleranz auf komfortable 110 Stundenkilometer. Was insofern bedeutsam ist, als dass dann laut Bußgeldkatalog kein Fahrverbot mehr fällig gewesen wäre.
Bei Richterin Stephanie Rohe verfing das nicht. Sie ließ sich von dem erfahrenen Polizisten im Zeugenstand die Messtechnik erklären, kannte nach eigenem Bekunden sogar das verwendete Messgerät und gab schließlich zu verstehen, dass sie dessen Funktionsweise verstanden habe. Pech für den Rentner, der trotz eines Winks der Richterin sich nicht zur Rücknahme des Einspruch durchringen konnte und auf ein Urteil pochte. Das setzte es promt: Außer der Geldbuße und dem Fahrverbot muss er auch die Kosten des Verfahrens tragen. Vier Monate hat er nun Zeit, seinen Führerschein bei der Straßenverkehrsbehörde abzugeben.
Von Joachim Dege