Anwohnerin Birgit Wildhage war am Sonntag in ihrem Wahllokal im Stadtteil Auf der Horst und hat ihr Kreuz gemacht. Wie immer. Aber sie kann auch diejenigen verstehen, die nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben. "Viele haben das Gefühl, dass sich ja doch nichts ändert", sagt sie und hat einen Ratschlag für die Politiker: Die sollten bei wichtigen Entscheidungen einfach mal die Bürger fragen.
Ein Mann, der gerade sein Fahrrad über den Herouville-Saint-Clair-Platz schiebt, war dagegen nicht wählen. Dafür hat er aber einen guten Grund. "Ich bin türkischer Staatsbürger und darf nicht", sagt er. Die niedrige Wahlbeteiligung habe ihn auch stutzig gemacht. "Normalerweise sollte doch jeder froh darüber sein, dass er wählen darf."
Warum das im Stadtteil nicht so ist, beschäftigt auch Quartiersmanager Marc Müller-de Buhr. Seiner Meinung nach müssen sich die Politiker hinterfragen, ob die Art ihres Wahlkampfes noch bei den Menschen ankommt. Ein Patentrezept gibt es aber nicht, weiß Müller-de Buhr. Im aktuellen Fall sei es auch zu "Abnutzungserscheinungen" gekommen, weil zwei Wahlen in drei Wochen angesetzt waren.
Das sieht auch Ortsbürgermeister Franz Genegel so. Aus seiner Sicht spielt es auch eine Rolle, dass im Stadtteil viele Menschen "mit sozialen Problemen leben", die grundsätzlich eher nicht zur Wahl gehen. Dieser Trend könne nur umgekehrt werden, wenn schon bei der Erziehung der Kinder in der Schule begonnen wird. "Sie müssen lernen, dass sie auch Einfluss auf die Geschehnisse vor Ort haben, wenn sie sich engagieren."
Von Gerko Naumann