60 Jahre: So plant das Freizeitheim Linden seinen Geburtstag

Immerhin, eine 60 hängt schon mal im Fenster. Nun ist nicht mehr zu übersehen, dass das Freizeitheim Linden einen runden Geburtstag feiert. Am 28. Januar 1961 wurde die Einrichtung eröffnet – als erste ihrer Art in Deutschland. Seinerzeit war ein solches soziokulturelles Stadtteilzentrum, das eine Anlaufstelle für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen sein sollte, ein bundesweit beachtetes Novum. Auch nach sechs Jahrzehnten sei der Anspruch geblieben, ein offenes Haus für alle Menschen aus Linden und darüber hinaus zu sein, sagt die derzeitige Leiterin Silke van Laak. Das wollten sie und ihr Team am Geburtstagsdatum gebührend feiern. Doch Corona machte einen Strich durch diese Pläne. Planungen im Zeitverzug: „Wir haben trotzdem gute Laune“, sagt van Laak und bekräftigt das mit einem Lachen. Zwar sind die Vorbereitungen für die Aktionen, die im Jubiläumsjahr geplant sind, pandemiebedingt im Zeitverzug. Und es ist auch noch nicht sicher, ob alles wie gewünscht über die Bühne gehen kann. Doch die 58-Jährige verbreitet Optimismus: „Als wir jetzt eine Bilanz des Corona-Jahres gezogen haben, waren wir ganz erstaunt, was wir trotz allem gemeinsam auf die Beine gestellt haben.“ Die Besucherzahlen sind wegen der immer wieder verordneten Zwangsschließungen drastisch eingebrochen. Exakt 30.942 Gäste wurden gezählt – gegenüber 107.453 im pandemiefreien Vorjahr. Gleichwohl ist es dem Team gelungen, trotz Corona 45 Veranstaltungen zu organisieren, nur zehn weniger als 2019. „Einiges wurde virtuell angeboten, etwa die Jugendbuchwoche oder eine Themenreihe über Menschenrechte“, berichtet van Laak. So lange es erlaubt war, gab es zudem Präsenzveranstaltungen mit deutlich reduzierter Teilnehmerzahl; im Sommer wurden etliche Angebote nach draußen verlegt. „Auch ganz neue Formate haben wir uns einfallen lassen.“ Ein Volltreffer sei die Reihe Kultur in der Nachbarschaft gewesen, bei der Musikerinnen und Musiker 21 Freiluftkonzerte in privaten Hinterhöfen oder Gärten gaben. Kurzfilm in Vorbereitung: Allerdings mussten viele der 35 Kurse und Workshops, die zum festen Angebot gehören, ersatzlos gestrichen werden – wie die beliebte Keramikwerkstatt oder der Dunkelkammerabend für Fans der analogen Fotografie. Den Zumba- und Salsa-Gruppen gelang es, in Onlinestreams weiter zu trainieren, ebenso wie den jungen Artisten des Kinderzirkus. Auch die meisten der rund 40 Gruppen, Vereine und Initiativen, die im Freizeitheim einmal pro Woche Räume und Säle mieten, mussten pandemiebedingt draußen bleiben. Einige sollen auf besondere Weise im Jubiläumsjahr zu Wort kommen: Van Laaks Team bereitet einen Kurzfilm vor, in dem etwa der DGB-Chor, der Balkantanzkreis, die Modelleisenbahner, die Musikschule oder die Macher der Geschichtswerkstatt aus ihrer Zeit im Freizeitheim berichten. Vor dem Lockdown im November konnten noch einige Interviews geführt werden – der Rest muss warten. Dringend wartet van Laak derzeit auf LED-Leisten: „Wegen Corona gibt es Lieferschwierigkeiten.“ Die Dioden sind Spezialanfertigungen nach Entwürfen des hannoverschen Lichtkünstlers Franz Betz, sie sollen das Freizeitheim im Dunkeln in Szene setzen. Die Idee: Rund um das Gebäude werden die Fenster mit großen Zahlen aus reflektierender Folie beklebt – sechsmal eine 60 –, die erleuchtet werden. Hinzu kommen farblich changierende Flügelformationen aus Plexiglas. „Stadtteilkultur beflügelt“, sagt van Laak dazu. In Arbeit ist auch ein illuminierter Zeitstrahl, auf dem die Historie des Hauses mit plakativen Stichworten und grafischen Symbolen dargestellt werden soll. Das Freizeitheim Linden wurde am 28. Januar 1961 vom damaligen Oberbürgermeister Karl Wiechert eröffnet. Das Konzept für das bundesweit beispielhafte Stadtteilzentrum hatte Stadtrat Heinz Lauenroth entwickelt. Ziel war es, unterschiedlichsten Gruppen, Vereinen, Initiativen und allen anderen Menschen in Linden Räume, Werkstätten, Musikstudios, Veranstaltungssäle und eine Bücherei zur Verfügung zu stellen. Fred Grube, seinerzeit Vorsitzender des Lindener Kulturkreises, hatte sich für eine solche Einrichtung im Stadtteil stark gemacht. Erster Leiter des Freizeitheims war Karl Sperling. 1965 übernahm der Osnabrücker Egon Kuhn den Posten, der das Haus bis 1992 mit seiner Arbeit prägte. Der Genosse vom linken Flügel startete unermüdlich Projekte zur Kultur- und Geschichtsarbeit sowie zur politischen Bildung. Die Geschichtswerkstatt im Keller leitete er noch lange nach dem Ruhestand; Kuhn verstarb 2019 im Alter von 92 Jahren. Auch die Arbeiterwohnküche von 1930 vermittelt Geschichte zum Anfassen. Die originale Einrichtung hatte die Lindenerin Anni Röttger dem Freizeitheim 1983 vermacht. Das Freizeitheim ist sichtlich in die Jahre gekommen; die Bibliotheksräume stehen seit 2013 leer. Doch ein Konzept für die Sanierung des Hauses hat die Stadt noch immer nicht vorgelegt. Auch die Finanzierung ist offen. Die derzeitige Leiterin Silke van Laak, achte Nachfolgerin Sperlings, wünscht sich vordringlich einen Umbau des Foyers.jk Auch wenn die Installationen nicht zum 28. Januar fertig geworden sind – es geht voran. Die ersten Folienzahlen prangen von außen sichtbar an den Scheiben. Auch die Planungen für das Jubiläumsjahr gehen weiter. So soll zum Beispiel im Sommer unter Anleitung von Betz und mit Beteiligung vieler Gruppen eine Holzskulptur im Garten des Freizeitheims entstehen. Lesen Sie auch Linden-Nord: Freizeitheim bietet Kultur und Geschichte Jubiläumsparty am Küchengarten: Eine große Geburtstagsparty ist am 12. September auf dem Küchengartenplatz geplant. Und dort sollen gleich eine ganze Reihe Lindener Jubilare auflaufen: Das Kulturzentrum Faust wird 30 und die IGS Linden 50, den DGB-Chor gibt es seit 40 Jahren, den Wissenschaftsladen seit 35, den Mieterladen seit 30 und den Verein des Kindermuseums seit 20 Jahren. Auf 100 Jahre bringt es der SC Elite, und vor stolzen 110 Jahren wurde der Ruderverein Linden gegründet. „Wir planen alle eine gemeinsame Feier, der Flyer ist in Vorbereitung“, kündigt van Laak an. Bleibt zu hoffen, dass Corona mitspielt. Von Juliane Kaune

60 Jahre: So plant das Freizeitheim Linden seinen Geburtstag – trotz Corona