7-Tages-Inzidenz: Ist sie in der Region Hannover wegen Mutationen so hoch?

Während mehrere niedersächsische Landkreise 7-Tages-Inzidenzwerte zwischen 20 und 30 aufweisen, liegt der Wert in der Region Hannover immer noch jenseits der 100 – das Landesgesundheitsamt gibt ihn für Dienstag mit 106,7 an. Ein Grund dafür ist ein größerer Anteil britischer Virusmutationen. 40 Prozent der Corona-Infektionen in der Region seien auf die Variante B.1.1.7 zurückzuführen, sagte der Leiter des Landes-Krisenstabs, Heiger Scholz, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Landesweit liege der Anteil der Varianten an den Infektionsfällen bei zehn Prozent. Nach Information des Landesgesundheitsamtes testeten inzwischen die allermeisten der großen Labore auf das Vorliegen von Corona-Mutanten. Norden besonders betroffen: Besonders betroffen von der Verbreitung der Mutation ist der nördliche Teil der Region Hannover. Dort sei die Mutante „sehr dominant“, im Calenberger Land dagegen komme sie bisher kaum vor. Das sei auch daran zu erkennen, dass im Norden die Fallzahlen höher seien, sagte Scholz. Tatsächlich zeigt der Blick auf die Regionszahlen hohe Werte etwa in Garbsen (141,9), Wunstorf (139,9), der Wedemark (138,8) oder Burgwedel (130,2). Dagegen weisen südliche Kommunen wie Wennigsen (27,8), Springe (66,8), Barsinghausen (51,4) oder Pattensen (86,5) Werte deutlich unter 100 auf. Eine Ausnahme bildet Sehnde im Südosten der Region mit einem vergleichsweise hohen Wert von 168,3. Die Landeshauptstadt lag am Dienstag bei einem Wert von 99,9. „Wir gehen davon aus, dass die Virusmutation in der Region angekommen ist“, sagte Regionspräsident Hauke Jagau (SPD) in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft. Allerdings seien die Krankheitsverläufe durch die Verbreitung von B.1.1.7 „nicht erkennbar schwerer“, auch eine zusätzliche Belastung der Intensivstationen sei bisher nicht zu erkennen. Das Gesundheitsamt hat ein Team eingesetzt, das sich speziell mit der Verfolgung der Virusmutation beschäftigt. Spielen Logistikunternehmen nahe der Autobahnen eine Rolle? Die Quelle der Virusmutation in der Region sei noch völlig unklar, sagte eine Sprecherin der Region. Zu der Vermutung, die stärkere Verbreitung im Norden der Region stehe im Zusammenhang mit den dort ansässigen Logistkbetrieben habe die Region keine gesicherten Erkenntnisse, betonte sie. Es gebe in Unternehmen „kein sehr auffälliges Infektionsgeschehen.“ Den hohen Wert etwa in der Wedemark hält der Bürgermeister der Gemeinde, Helge Zychlinski, nicht für dramatisch. Weder ein Pflegeheim noch einzelne Einrichtungen seien von Infektionen betroffen, sagte er. Es gebe auch keine breite Streuung. Nach Angaben von Zychlinski sind mehrere Familien betroffen, zum Teil mit mehr als zehn Familienmitgliedern. Weil in der Wedemark nicht so viele Menschen lebten, führten die aktuell 73 Infizierten gleich zu einem hohen Inzidenzwert. „Das geht in allen Kommunen mal rauf und auch wieder runter“, sagte er. Höchstwert am 2. Weihnachtstag: Am Wochenende war die 7-Tagesinzidenz vorübergehend kurz unter den Wert von 100 gefallen, am Sonntag lag er bei 91,9. Der Höchstwert lag am 26. Dezember bei 183. Im Bezug auf die Zahl der Fälle im Verhältnis zur Bevölkerungszahl am stärksten betroffen waren bisher Garbsen, Langenhagen und Laatzen. Regionspräsident Hauke Jagau begründete den nach wie vor auffälligen Wert mit den vergleichsweise hohen Maximalwerten im Dezember. Weil dieser deutlich über dem anderer Landkreise lag, dauere es in der Region Hannover auch länger, ihn wieder absinken zu lassen. Regionspräsident Hauke Jagau im Video: Zudem infizieren sich auch in der Region Menschen, nachdem sie eine Impfung erhalten haben. Erstmals war das zuletzt in einem Pflegeheim nahe Osnabrück aufgefallen. Auch in der Region gebe es immer wieder „in erheblichem Umfang Ausbrüche in Pflegeheimen“, sagte Jagau – auch nach Start der Impfkampagne. Hoffnung mache, dass die Krankheitsverläufe nach den Impfungen deutlich weniger schwer seien. Insgesamt sei die Erstimpfung bis auf zwei in allen 180 Pflegeheimen in der Region erfolgt, auch die Zweitimpfung sei „in weiten Teilen“ erfolgt. 50.000 Menschen in der Region geimpft: Bisher seien 50.000 Menschen aus der Region im Impfzentrum auf dem Messegelände immunisiert worden. Auch das werde dazu beitragen, die Infektionszahlen insgesamt zu senken – wenn auch langsamer als anderswo im Bundesgebiet. „Wir hinken zwar etwas hinterher, aber auch wir werden langsam weniger Infizierte haben.“ Niedersachsenweit sind bisher etwa 350.000 Menschen geimpft worden. Die Grünen in der Regionsversammlung forderten unterdessen kostenlose Schnelltests etwa in Kitas und Schulen und bessere Informationen von der Verwaltung. Noch immer werde die Politik nicht angemessen über aktuelle Entwicklungen in der Pandemie informiert, sagte Fraktionschefin Evrim Camuz. Von Felix Harbart und Mathias Klein