Autofreie Schmiedestraße in Hannover: Geschäftsleute sind gespalten

Auto für Auto schiebt sich durch die Schmiedestraße mitten in Hannovers Altstadt. Geht es nach Oberbürgermeister Belit Onay, dann ist damit möglichst noch in diesem Jahr Schluss: Der Bereich zwischen Parkhaus und Altem Rathaussoll autofrei werden, ein erster Schritt auf Onays Weg zur autofreien Innenstadt. Bei den Anliegern ist das Echo gespalten: Einige Kaufleute fürchten Einbußen, wenn ihre Geschäfte nicht mehr mit Auto erreichbar sind. Andere hoffen auf neue Kunden, wenn die Straße ihre Barrierewirkung verliert. Schmiedestraße autofrei? Einige Geschäftsleute sind in Sorge: Im Klavierhaus Döll gegenüber der Marktkirche lobt Ariane Jablonka zwar, dass die Stadt in die Straße investieren will. „Unsere Kunden kaufen aber Instrumente, die zwischen 250 und 400 Kilogramm wiegen – die transportiert man nicht mit dem Fahrrad“, sagt sie. Nun chauffieren die meisten Leute ihre Klaviere auch nicht mit dem Privatwagen. „Aber sie holen E-Pianos ab und Akkordeons, die meisten Instrumente sind sehr empfindlich, niemand will sie durch den Regen tragen“, sagt Jablonka. Schräg gegenüber gibt es Naturmode im Deerberg-Geschäft. Filialleiterin Tanja Lüer beobachtet täglich, wie die Menschen an der Ampel warten müssen, um aus der Fußgängerzone in ihr Geschäft gelangen zu können. „Ich hoffe, dass mehr Kunden den Weg zu uns finden, wenn hier keine Autos mehr fahren“, sagt sie. Dass Stammkunden ausbleiben, fürchtet sie nicht. Direkt auf der Schmiedestraße sind sowieso selten Parkplätze frei. Und auf beiden Seiten des zu sperrenden Bereichs gibt es große Parkhäuser: in der Röselerstraße und im nördlichen Bereich der Schmiedestraße – bis dorthin soll Autoverkehr erlaubt sein. Claudia-Diana Will vom alteingesessenen Geschäft Waffen Will & Apel dagegen ist in Sorge. Natürlich gebe es Laufkundschaft, die von Veranstaltungen in der Marktkirche oder im Alten Rathaus an ihrem Schaufenster vorbeiläuft und dann spontan ein Taschenmesser oder eine Taschenlampe kauft. „Aber der größte Teil unserer Kundschaft sind Menschen aus der gesamten Region, die gezielt zu uns kommen. Wie sollen sie die Kundenparkplätze hinter unserem Haus erreichen?“, fragt sie. Sie fürchtet, dass noch mehr Kunden auf Geschäfte am Stadtrand ausweichen oder gleich im Internet kaufen, wenn die Schmiedestraßenhändler nur noch eingeschränkt anzusteuern sind. Will sagt: „Meine Eltern haben sich für diesen Standort entschieden, weil sie zwar nicht in einer 1A-Lage zwischen den Kaufhäusern wirtschaften, aber gut erreichbar sein wollten.“ Und ebenso wie Döll-Chefin Jablonka ärgert sie sich, dass von der Stadtspitze noch niemand mit den ansässigen Händlern gesprochen habe. „Ich habe von den Plänen aus der Zeitung erfahren“, sagt Will. „Ich hätte mich über eine Gesprächseinladung gefreut“, sagt Jablonka. Philipp Aulich vom Brauhaus Ernst-August dagegen sieht Pläne für eine Sperrung der Straße für Autos entspannt: „Uns ist es egal, wie die Menschen zu uns kommen – Hauptsache sie kommen.“ Allerdings liegt das Brauhaus im Erdgeschoss des Parkhauses Schmiedestraße – es wird also auch langfristig mit dem Auto gut erreichbar sein. City-Gemeinschaft fordert Investitionen: Die City-Gemeinschaft lehnt laut Geschäftsführer Martin Prenzler eine Reduzierung des Autoverkehrs nicht grundsätzlich ab. Europaweit verbannen immer mehr Metropolen das Auto aus den Innenstädten und machen mit dem neu gewonnenen Platz gute Erfahrungen. Prenzler warnt jedoch, dass Hannover den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen dürfe. „Wir haben 8000 Stellplätze in Innenstadt-Parkhäusern, aber nur 1500 auf Park+ride-Anlagen am Speckgürtel“, sagte Prenzler jüngst bei einer Veranstaltung der FDP zum Innenstadtverkehr. Städte wie Amsterdam reduzierten zwar auch den Autoverkehr im Zentrum, aber sie hätten vorher für ausreichend Parkplätze am Stadtrand und komfortable Shuttle-Lösungen gesorgt. „Hannover hängt zehn Jahre zurück und muss dringend investieren“, sagt Prenzler. Lesen Sie auch: Die Ankündigung von OB Onay: Möglichst noch 2020 soll die Schmiedestraße am Südende autofrei werden So sahen bisher die Pläne für den Umbau der Schmiedestraße aus Von Conrad von Meding