Corona-Folgen: Defizit der Üstra in Hannover könnte sich auf 100 Millionen Euro verdoppeln

Der Einbruch bei den Fahrgastzahlen als Begleiterscheinung der Corona-Krise macht der Üstra schwer zu schaffen. Weil Einnahmen aus dem Ticketverkauf fehlen, wird das Defizit des Verkehrsunternehmens in diesem Jahr auf bis zu 100 Millionen Euro anschwellen. Geplant waren 50 Millionen Euro – ein ohnehin schon wegen der anstehenden Investitionen im Vergleich zu früheren Jahren hoher Betrag. Mehrere Szenarien – keines ist positiv: Die Finanzsituation bei der Üstra war am Freitag auch Thema im Aufsichtsrat. „Es gibt mehrere Szenarien. Selbst im günstigsten Fall kommen wir noch auf 60 Millionen Euro Defizit, 100 Millionen wären es, wenn die Einnahmen über lange Zeit auf niedrigem Niveau bleiben“, sagt der Vorsitzende Ulf-Birger Franz, gleichzeitig Verkehrsdezernent der Region Hannover. Trotz Corona: 80 Prozent des Angebots aufrechterhalten: Laut Franz hat die Üstra im April zwar 80 Prozent ihres üblichen Angebotes im Stadtbahn- und Busverkehr aufrecht erhalten, aber die Fahrgastzahlen sind seit Ausbruch der Pandemie um 75 Prozent gesunken. Transportiert das Unternehmen an einem durchschnittlichen Werktag in normalen Zeiten rund 550.000 Männer, Frauen und Kinder, waren es zuletzt nur noch 130.000. Einbußen bei Tickets und Monatskarten: Das macht sich auf der Habenseite bemerkbar. „Aus dem Ticketverkauf fließen sonst täglich etwa 235.000 Euro, jetzt nur noch 52.000 Euro“, sagt Franz. Auch bei den Monatskarten werden Einbußen kommen, weil eine Kulanzregelung beschlossen worden ist, nach der Inhaber eines Abonnements für die Monate Juni, Juli und August jeweils 20 Prozent Nachlass erhalten. Um die Folgen abzumindern, bauen die Mitarbeiter derzeit Überstunden und Urlaubstage ab. „Wir haben uns außerdem mit dem Betriebsrat über Kurzarbeit verständigt“, erklärt Franz. Diese werde zwar im Augenblick noch nicht angewendet, könne aber kommen. Investitionsprogramm bleibt bestehen: An ihrem üppigen Investitionsprogramm will die Üstra dagegen mit Blick auf die angestrebte Verkehrswende weg vom Autoverkehr festhalten. Es sieht in den nächsten Jahren unter anderem den Kauf neuer Stadtbahnen, das Umrüsten der Busflotte auf Elektroantrieb und den Neubau des Betriebshofes Glocksee vor. Das Defizit bei der Üstra gleicht die Region aus. Sie hat zuletzt eigene Schulden abgebaut und muss nun für ihre Verkehrsunternehmen deutlich tiefer in die eigene Tasche greifen. Eine ähnliche Problemstellung wie bei der Üstra ergibt sich auch bei der kleineren Schwester Regiobus. Dort sind die Fahrgastzahlen und damit auch die Erlöse ebenfalls im Sinkflug – wenn auch prozentual nicht so stark. Jahresbilanz 2019: Der Aufsichtsrat der Üstra hat auch die Bilanz des Unternehmens für das vergangene Jahr gebilligt. Die immerhin ergibt einen kleinen Lichtblick. Das Minus beträgt 36 Millionen Euro und fiel damit um 3,7 Millionen Euro niedriger aus als erwartet. Grund sind innerbetriebliche Einsparungen und – das waren noch Zeiten – höhere Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf. Dagegen sind die Personalkosten gestiegen. CORONABOX Lesen Sie auch: Das plant die Üstra in Hannover für den Nahverkehr der Zukunft Von Bernd Haase