Corona: Hannovers Brauereien leiden unter Lockdown

Christian Schulz-Hausbrandt von der Privatbrauerei Herrenhausen muss nicht lange überlegen, wenn er auf das Jahr 2020 zurückblickt. „Wir sind stark gebeutelt", sagt der geschäftsführende Gesellschafter. Das Geschäft mit Fassbier leide unter massiven Verlusten, ganze Märkte seien weggebrochen. Wer Bier in Fässern verkauft, braucht große Ereignisse. Hannover, die Stadt der Feste, konnte pandemiebedingt nicht anbieten, was in anderen Jahren für Umsatz sorgte. Schulz-Hausbrandt führt eine lange Liste mit Ausfällen: Maschseefest. Schützenfest. Messen. Hotels. Veranstaltungen. Gastronomie natürlich. Keine Eishockeyspiele der Hannover Indians, kein TSV Havelse. Die Brauerei litt auch unter sehr stark eingeschränktem Vereinssport und den fehlenden Verabredungen auf ein, zwei Bierchen nach dem Training. Konkrete Zahlen nennt die Brauerei nicht. Eine Folge war, dass Mitarbeiter im Vertrieb Kurzarbeit anmelden mussten. Dass es nicht noch schlimmer kam, lag am Sommer. Einige Monate lang war nicht alles runtergefahren, was mit Biertrinken im Zusammenhang stand. Pro-Kopf-Verbrauch von Bier sinkt: Das Statistische Bundesamt hatte vor Kurzem gemeldet, dass im vergangenen Jahr 8,7 Milliarden Liter Bier verkauft wurden. Was sich nach einer Menge anhört, ist für die Branche fatal. „Die Situation der Brauwirtschaft ist dramatisch und in der Nachkriegszeit ohne Beispiel“, erklärte Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des in Berlin ansässigen Deutschen Brauer-Bundes. Das Umsatzminus habe im Mittel bei 23 Prozent gelegen. Ohnehin leiden Brauereien unter sinkender Lust des deutschen Publikums auf Bier. Im Jahr 1980 lag der Pro-Kopf-Konsum bei 146 Litern, 40 Jahre später sank er dem Brauer-Bund zufolge auf 87 Liter. Nicht eingerechnet darin sind allerdings alkoholfreie Biere. Dass in einem rückläufigen Markt Erfolg möglich ist, bewies in den vergangenen Jahren die kleine Mashsee-Brauerei, wie der Name schon andeutet mit Adresse in Hannover. Eine Kiste des in Mode geratenen Craftbieres kann an die 50 Euro heranreichen, aber in gewissen Szenen fand die Marke großen Anklang. Fassbier braut Mashsee nicht, deshalb schlugen die zahlreichen abgesagten Großereignisse beim deutlich kleineren Unternehmen nicht derart ins Kontor wie bei den Großen der Branche. „Die Rückgänge waren erträglich", sagt Geschäftsführer Kolja Gigla. Geschlossene Restaurants und Kneipen täten weh, aber er habe dafür eine höhere Bereitschaft von Kunden registriert, etwas auszuprobieren und zur unbekannten Sorte zu greifen, wenn die auch teurer sei als das Stammgetränk. Gigla hofft, dass die Kundschaft ein gutes Gedächtnis hat und der Trend zum regionalen Produkt die Corona-Pandemie überdauert. Ein Onlineshop half bisher in der Krise. Allerdings musste er einem Mitarbeiter aus dem Vertrieb nach zwischenzeitlicher Kurzarbeit kündigen. Von Gunnar Menkens