Corona-Lockdown: Eltern protestieren in Hannover gegen Einschränkungen für Kinder

Rund 40 Demonstrantinnen und Demonstranten haben am Sonnabendvormittag auf dem Platz der Göttinger Sieben am Landtag gegen die aus ihrer Sicht unverhältnismäßig harten Einschränkungen für Kinder und Jugendliche in der Corona-Krise protestiert. Die Aktion, zu der die Initiative Familien in der Krise eingeladen hatte, stand unter dem Motto „Kein Lockdown für Kinderrechte“. Das Bündnis fordert, die Umsetzung von Kinderrechten und die Öffnung von Kitas und Schulen mit guten altersgerechten Hygeniekonzepten mit Infektionsschutz zu koppeln. „Die Kleinsten tragen die größte Last“: Es könne nicht sein, dass die Kleinsten in der Krise die stärkste Last und größte Einschränkungen tragen müssten, sagte Sina Denecke, Sprecherin der Initiative und selbst zweifache Mutter. Die Erwachsenen seien für den Schutz der Kinder verantwortlich und nicht die Kinder für den Schutz der Erwachsenen. „Wie kann es sein, dass Kitas und Schulen über Monate geschlossen haben, während es bei Berufstätigen gerade einmal eine Empfehlung zum Homeoffice gibt und keine Verpflichtung?“, fragte sie. Gerade in Hochinzidenzkommunen wie in Hannover gebe es bisher keine Strategie zur von Kitas und Schulen, kritisieren Teilnehmer. Lesen Sie auch Lockdown-Folgen für Kinder: Kinderarzt aus Hannover schlägt Alarm So haben Kinder unter dem ersten Corona-Lockdown gelitten Kinder würden unter den monatelangen Einschränkungen massiv leiden, sagte Denecke, viele würden depressiv oder aggressiv, hätten Weinkrämpfe oder seien apathisch: „Kindergesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Corona.“ Ein Jahr Pandemie fühle sich für Kinder wie eine Ewigkeit an. 13-Jährige wochenlang tagsüber allein zu Hause: „Ich will endlich wieder Sport machen“, steht auf einem Plakat. „Ich will wieder schwimmen gehen“, auf einem anderen. Unter den Demonstrantinnen am Landtag war auch Andrea Müller. Sie hat zwei Töchter im Alter von zwölf und 14 Jahren, ist voll berufstätig und findet, dass gerade die Belange von Teenagern in der Krise viel zu wenig berücksichtigt werden. Auf Notbetreuung in der Schule hätten die Kinder in diesem Alter keinen Anspruch mehr, die ist auf die Jahrgänge 1 bis 6 beschränkt: „Offenkundig findet der Staat es in Ordnung, wenn 13-Jährige tagsüber wochenlang allein zu Hause sind.“ Müller forderte ein Umdenken bei der Impfstrategie: Wenn Biontech auch für 16-Jährige zugelassen sei, müssten damit Schüler ab diesem Alter vorrangig geimpft werden. Schlimme Folgen: Sprachstörungen, zwölf Stunden Medienkonsum: Lehrerin Katrin Wiesel, die zwei Kinder im Grundschulalter hat, sagte: „Kinder brauchen Sozialkontakte.“ Sie stünde hier nicht nur als Mutter, sondern auch als Lehrerin einer fünften Haupt- und Förderschulklasse: „Diese Schüler verlieren wir im Distanzunterricht.“ Kinderärztin Stephanie King aus Laatzen berichtete, dass immer mehr Kinder eine verzögerte Sprachentwicklung hätten, Jugendliche teils zwölf Stunden Medienkonsum am Tag hätten und viele wegen des Bewegungsmangels an Gewicht zulegten. Sie erzählte von einer Zwölfjährigen, die in einem halben Jahr 30 Kilogramm zugenommen hätte und sich jetzt ganz unglücklich fühlte. Die schwerwiegenden Folgen der Krise seien vermutlich nicht zu heilen. Von Saskia Döhner