Coronavirus: Universität Hannover und anderen Hochschulen planen digitales Studium

Die Leibniz-Universität richtet sich auf längere Einschränkungen durch die Corona-Epidemie ein. Wenn das Sommersemester verspätet am 20. April startet, läuft der Unibetrieb für rund 30.000 Studenten aller Voraussicht nach virtuell. Die Studenten begegnen ihren Dozenten dann nicht mehr direkt in dicht besetzten Hörsälen. Sie sehen die Professoren und Professorinnen bestenfalls auf dem Bildschirm, wenn überhaupt. Auch die anderen Hochschulen in Hannover bereiten verstärkt digitale Angebote vor. Digitales Studium – als Schutz vor Ansteckung: Rund 1500 Lehrveranstaltungen laufen im Sommersemester – Seminare, Übungen, Vorlesungen. Lässt sich das alles digital ersetzen? „Wir versuchen unser Bestes. Wir wollen zumindest das absolute Pflichtangebot sicherstellen“, sagt Professorin Elfriede Billmann-Mahecha, Vizepräsidentin für Lehre. Dazu testet die Uni gerade ein interaktives Seminarprogramm, das zuverlässig Diskussionen per Videokonferenzschaltung in einer größeren Gruppe erlaubt. Dozenten fordern Aussetzen des Semesters: Allerdings befürchten Studenten und Dozenten erhebliche Probleme. Die Bibliotheken sind gesperrt – und die Fachliteratur ist oft nicht digital verfügbar. Amerikanistik-Professorin Ruth Mayer stellt deshalb sonst vor Semesterbeginn wichtige Texte für ihre Studenten auf die digitale Lehrplattform der Uni. Doch jetzt kommt sie an die Bücher nicht mehr heran. „Studenten können ihre Abschlussarbeiten nicht schreiben und wir die Seminare nicht vorbereiten.“ Mayer weiß von etlichen – vor allem internationalen – Studenten, die allein schon an den technischen Voraussetzungen für die digitale Uni scheitern, weil sie mit Smartphones online gehen und ihr Datenvolumen nicht ausreicht. „Sie nutzen in normalen Zeiten das freie WLAN in der Uni.“ Die ist jedoch geschlossen. Ruth Mayer fordert deshalb mit Kolleginnen anderer Unis, das Sommersemester zur Ausnahme zu erklären. „Wir sollten Studenten ermöglichen, so viel wie möglich zu schaffen. Daran arbeiten die Hochschulen mit Hochdruck.“ Doch Studenten, die keine Studienleistungen erbringen können, sollte kein Nachteil entstehen. Den offenen Brief an die Wissenschaftsminister in Bund und Ländern haben in drei Tagen bereits mehr als 2000 Wissenschaftler unterzeichnet. Das Deutsche Studentenwerk fordert wegen der erschwerten Situation im Sommersemester 2020 die Regelstudienzeit und die Förderungshöchstdauer beim BAföG zu verlängern. MHH: Studium soll weiterlaufen – sonst fehlen Absolventen: Ein ausfallendes Semester wäre für den Studiendekan der Medizinischen Hochschule Hannover ein Albtraum. „Wir müssen unsere Studenten in allen Jahrgängen durch die jeweiligen Prüfungen bringen, denn wir produzieren Ärzte. Und die fehlen sonst in der Versorgung“, betont Professor Ingo Just. Die MHH will erst im Mai mit einem digitalen Notprogramm ins Sommersemester starten. Für die Umstellung fehle bisher das Geld, sagt Just. „Wir brauchen dringend Unterstützung von Präsidium und Ministerium.“ Manche Medizinstudenten werden dann womöglich zur Unterstützung in der Klinik gebraucht, wenn die Coronaerkrankungen weiter ansteigen. Die digitale Uni müsste nebenher laufen. Just denkt bereits daran, praktische Studienanteile weit in die Sommerferien im August und September zu verlegen. Die rein digitale Lehre wäre auch an der Leibniz-Uni ein Notprogramm, daran lässt die Vizepräsidentin keinen Zweifel. „Gute Hochschullehre braucht die persönliche Begegnung, die Diskussion. Lehrende und Lernende kommen weiter, indem sie gemeinsam Argumente abwägen“, sagt Billmann-Mahecha. Außerdem erfordern Studienfächer wie Chemie oder Sport die praktische Übung im Labor oder der Turnhalle. Die Uni will dazu notfalls im Sommer Blockseminare anbieten, wenn dies dann wieder möglich sein sollte. Ein weiteres Problem: Durch die plötzliche Schließung der Hochschulen sind bereits etliche Prüfungen ausgefallen. „Wir hoffen noch, dass wir die großen Klausuren mit 500 Teilnehmern in den Pfingstferien nachholen können. Wenn das auch nicht geht, müssen wir andere Lösungen suchen“, berichtet Billmann-Mahecha. Mündliche Prüfungen könnten vorübergehend per Skype ablaufen. Doch wie sollen Dozenten sicherstellen, dass eine Klausur auch tatsächlich von einem bestimmten Studenten geschrieben wird, wenn er nicht vor Ort ist? Das tägliche HAZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Hannover täglich gegen 6 Uhr im E-Mail-Postfach. Liveticker: Die Lage in Hannover und Niedersachsen im Überblick Aktuelle Zahlen zum Coronavirus in der Region Hannover: So viele Infizierte gibt es Der tägliche Corona-Newsletter der HAZ: Jetzt gratis anmelden Alle Artikel zum Coronavirus in der Region auf einen Blick So können Sie Geschäften, Gastronomie und Freiberuflern in der Region Hannover jetzt helfen Von Bärbel Hilbig

Coronavirus: Universität Hannover und anderen Hochschulen planen digitales Studium – als Notprogramm