Coronavirus in Uetze: So reagieren die Menschen in Eltze auf den Coronafall in ihrem Ort

Kein Dorfball am Sonnabend, kein Gottesdienst am Sonntag, kein Frauenfrühstück am Montag: In Eltze fallen öffentliche Veranstaltungen aus, seit ein 68 Jahre alter Mann aus der Uetzer Ortschaft am Sonnabendnachmittag positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Abseits der großen Veranstaltungen bemühen sich aber alle, das normale Leben am Laufen zu halten. „Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis der erste Fall bei uns auftaucht“, sagt Julia Yaël Höpfner. Die zweifache Mutter erfuhr am Sonnabend über soziale Medien von dem Befund und sieht sich einmal mehr in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die Eltzer eine bodenständige, unaufgeregte Dorfgemeinschaft sind. „Alle Nachrichten, die ausgetauscht wurden, waren rein informativ“, sagt sie mit Blick auf den Whatsapp-Gesprächsverlauf und fügt hinzu, sie begrüße diese Form der Kommunikation sehr, denn eine Panikmache helfe niemandem und sei auch unangebracht. „Letztlich geht es um eine Virusinfektion, die einer Grippe ähnelt.“ Gleichwohl sei es eine hochinfektiöse Erkrankung, die Absage der Veranstaltungen finde sie deshalb richtig, sagt Höpfner. Schmunzelnd erzählt sie, dass die ältere Tochter noch auf den Ausfall der weiterführenden Schule am Montag hoffe: „Aber ich rechne derzeit nicht damit, denn meine Kinder haben ein gesundes Immunsystem, deshalb sehe ich das noch entspannt.“ Auch die Grundschule in Eltze signalisiere keinen Unterrichtsausfall: „Wir Eltern tauschen uns in Klassengruppen per Whatsapp aus, auch dort herrscht keinerlei Unruhe“, berichtet Höpfner, die sich dieses Verhalten auch weiterhin wünscht. Sie empfinde es zudem als wohltuend, dass auch Menschen außerhalb Eltzes die Ruhe bewahren: „Es gibt keine hektischen Anrufe von Bekannten, wie es uns geht.“ SPD-Landtagsabgeordnete: Infektionskette unterbrechen: Offensiv mit dem ersten Corona-Fall geht die SPD-Landtagsabgeordnete Thordies Hanisch um, die ebenfalls in dem Dorf wohnt. In ihrem Kalender steht für diesen Sonntag ein Besuch bei der SPD in Dedenhausen: „Ich habe vorher angerufen und gefragt, ob ich den Termin absagen soll“, sagt sie. Doch die Reaktion fiel positiv aus, die Parteifreunde wollen die Sozialdemokratin begrüßen – auf das Händeschütteln indes verzichten. Auch Umarmungen fallen aus, vielmehr geht Hanisch auf Abstand zu den anderen. „Aber wichtig für meine Entscheidung war, dass ich in den vergangenen Tagen keine Berührungspunkte mit dem Erkrankten hatte“, sagt die Eltzerin. Andernfalls hätte sie abgesagt, um die Infektionskette zu unterbrechen. Seit dem Bekanntwerden der Infektion hat Hanisch immer wieder die Reaktion beobachtet, dass Menschen sich auf den Ausbruch der Krankheit eingestellt hätten – in Niedersachsen oder auch der Region, aber eben nicht in Eltze. „Das ist der Punkt, der viele überrascht.“ Ortsbürgermeister: Gute Genesungswünsche für den Patienten: In einem ständigen Kontakt zu dem Erkrankten steht unter anderem Ortsbrandmeister Ralf Boeck. Ihm berichtet der 68-Jährige, dass es ihm gut gehe und er sich nicht mehr krank fühle. Über diese Nachricht freuen sich die Nachbarn und auch Ortsbürgermeister Hans-Hermann Brockmann: „Wir haben gute Hoffnung, dass ihn die Krankheit nicht zu hart trifft.“ Und es bleibe zu hoffen und zu beten, dass es nicht zu viele andere treffe. Gleichwohl schaut Brockmann auf besonders gefährdete Menschen, Ältere und jene mit einer Vorerkrankung: „Und deshalb haben wir am Sonntag die Jahresversammlung des Sozialverbands abgesagt“, sagt er und lobt zugleich sein Dorf für die Sachlichkeit. „Wir bleiben erst mal ganz unaufgeregt.“ Am Sonntagnachmittag herrscht weitgehend Ruhe in dem Ort mit gut 1400 Einwohnern, lediglich eine Radfahrerin ist auf der Peiner Straße unterwegs. „Es ist schon merkwürdig, wenn Uetze auf einmal in den Nachrichten auftaucht“, sagt sie – ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Zugleich schiebt sie hinterher, dass sie eigentlich mit der ersten Infektion in einer Großstadt gerechnet habe. „Vielleicht ist es ja gut, dass es bei uns auf dem Land passiert, da können alle Behörden entspannter die Abläufe testen.“ Das Wichtigste sei für sie jedoch, dass der 68-Jährige die Infektion gut überstehe und sich vollständig erhole. „Der Rest findet sich“, ist sie überzeugt. Gäste aus Peine sagen im Restaurant ab: Die Nachricht vom ersten bestätigten Corona-Fall in der Region Hannover war noch keine Stunde alt, da hatte sie sich bereits in der betroffenen Gemeinde Uetze in Windeseile verbreitet. „Ich habe gleich eine Nachricht per Whatsapp bekommen“, sagt am Sonnabend eine Mitarbeiterin des Restaurants Deutscher Kaiser der HAZ. Kurz darauf sprachen bereits die ersten Gäste über die neuesten Entwicklungen. „Ein Ehepaar aus dem Bereich Peine, das sonntags immer zum Essen kommt, hat deswegen abgesagt“, sagt die Mitarbeiterin. Ansonsten sei die Lage ruhig. „Es war ja klar, dass es irgendwann auch bei uns ankommen wird.“ Ein paar Schritte weiter bei Wirt Andreas Isensee im Bistro am Kreisel ist man seit geraumer Zeit auf die Infektionskrankheit eingestellt. Am Eingang steht eine grüne Plastikflasche mit Desinfektionsmittel. Auf einem Zettel davor ist zu lesen: „Darf benutzt werden.“ Die Gäste in der Kneipe sitzen beim Bier. „Wir sind nach wie vor vorsichtig, aber Hamsterkäufe machen wir jetzt nicht“, sagt einer der Gäste. Sanitäter in Schutzanzügen im Zentrum von Uetze: Sein Gegenüber am Tisch nimmt die neue Situation mit Humor. „Wir müssen heute nichts bezahlen, wir sollen ja zwei Meter Sicherheitsabstand zum Wirt halten“, sagt er grinsend. Andere Gäste berichten von einem Rettungswagen, der am Mittag im Zentrum von Uetze gesichtet worden war. „Die Sanitäter hatten alle Schutzanzüge an, schließlich wissen die ja auch nicht, was sie heute so erwartet, wenn sie gerufen werden“, sagt einer von ihnen. Region richtet Bürgertelefon ein: Die Region Hannover hat wegen des Coronavirus ein Bürgertelefon eingerichtet. Es ist von 13 bis 20 Uhr unter (0800) 7313131 zu erreichen. Lesen Sie auch: Erster Coronavirus-Fall in der Region Hannover bestätigt Coronafall in der Region Hannover: Das müssen Sie jetzt wissen So erfuhr der Coronavirus-Patient von seiner Erkrankung Von Antje Bismark und Tobias Morchner