Digitalpakt für Schulen in Hannover: Die Stadt hat noch kein Geld aus der Fördertopf des Landes beantragt

Rund 20 Millionen Euro liegen seit vielen Monaten bereit, um Hannovers Schulen digital aufzurüsten – doch bisher hat die Stadtverwaltung noch keinen einzigen Cent aus dem Fördertopf des Landes beantragt. Im Kultusministerium ist man verwundert und erhöht jetzt den Druck auf jene Kommunen in Niedersachsen, die wie Hannover noch kein Geld aus dem sogenannten Digitalpakt abgerufen haben. „Die Kommunen sollten ein bisschen Gas geben, um die Digitalisierung nicht zu verschlafen“, sagt der hannoversche SPD-Landtagsabgeordnete und Schulexperte Stefan Politze. SPD: Hannover muss Vorbild sein: Hannover müsse als Landeshauptstadt mit gutem Beispiel vorangehen, meint Politze, schließlich verfüge die Stadt über die nötigen Verwaltungskapazitäten, um Förderanträge auszuarbeiten – im Gegensatz zu manch kleiner Kommune mit wenigen Verwaltungskräften. Es könne nicht sein, sagt der Landtagsabgeordnete, dass Hannover zwei Jahre nach Inkrafttreten des Digitalpakts noch immer keine Mittel beantragt habe. Tatsächlich hatte der Bund 2019 insgesamt fünf Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um Deutschlands Schulen mit digitaler Technik auszustatten. 470 Millionen Euro waren für Niedersachsen bestimmt, das Land erhöhte den Betrag auf rund 522 Millionen Euro. „Zumindest einen Sockelbetrag von 30.000 Euro pro Schule hätte die Stadt längst abrufen können“, kritisiert Politze. Damit hätte jede Schule bereits ein gut funktionierendes WLAN einrichten können. Stadt: Hohe bürokratische Hürden bei Anträgen: Die Stadtverwaltung gibt den Ball zurück und verweist darauf, dass die bürokratischen Hürden bei der Antragstellung hoch seien. „Um Mittel aus dem Digitalpakt Schule abrufen zu können, ist jede Schule verpflichtet, ein ,Medienbildungskonzept’ einzureichen“, teilt Stadtsprecherin Susanne Stroppe mit. Dabei müsse eine Vielzahl von Vorschriften berücksichtigt werden. So müssten unter anderem die „Schul- und Unterrichtsentwicklung“ dargestellt, Ist- und Soll-Zustand der digitalen Ausstattung beschrieben und Pläne für eine Evaluation entwickelt werden. „Für die Sockelbeträge gelten dieselben Voraussetzungen“, sagt Stroppe. Land: Schlankes Antragsverfahren: Das Kultusministerium hält dagegen und meint, dass „Medienbildungskonzepte“ auch nachgereicht werden können. „Geld gibt es schon vorher“, sagt Ministeriumssprecher Sebastian Schumacher. Eine Hürde, um an Fördergelder zu kommen, stellten die Konzepte nicht dar. Auch habe das Land ein „sehr schlankes und komfortables digitales Antragsverfahren“ entwickelt. In der Regel kämen die Schulträger damit sehr gut zurecht. Lesen Sie auch Digitalpakt in Hannover: Darum dauert die digitale Aufrüstung der Schulen so lange Digitalpakt Schule: Für Niedersachsen erst 12 Prozent der verfügbaren Mittel bewilligt Stadt muss selbst investieren: Dennoch bekommt die Stadt das Geld nicht ohne Gegenleistung. Um Fördermittel abrufen zu können, muss Hannover selbst in seine Schulen investieren, etwa in die Anschaffung von Laptops für Schüler. Ausgaben von insgesamt rund 7 Millionen Euro jährlich für die Jahre 2021/22 hat der Rat bereits im vergangenen Jahr genehmigt. Aus dem Digitalpakt sollen dann zusätzlich 12 Millionen Euro für dieses und das kommende Jahr abgerufen werden. CDU: Nur zwölf Schulen werden digital aufgerüstet: Die CDU im Rat kritisiert, dass mit dem vielen Geld gerade einmal zwölf von mehr als 100 Schulen in Hannover digital aufgerüstet werden. Diese Schulen bekommen schnelle drahtlose Internetverbindungen, interaktive Tafeln, Beamer, Tablets und Hilfe bei Pflege und Wartung der IT. „Die anderen Schulen werden links liegen gelassen“, moniert CDU-Schulexpertin Stefanie Matz. Die SPD betont, dass der „Medienentwicklungsplan“ auf alle Schulen übertragen werden soll. Auch vonseiten der Stadt heißt es, dass ab 2021/22 alle Schulen eine Basisausstattung bekommen sollen, etwa ein schnelles WLAN. FDP-Schulpolitiker Andreas Bingemer meint, dass sich im Falle von Stadt und Land zwei Herangehensweisen gegenüberstünden: Die Stadt Hannover will ihre Schulen systematisch und bis ins Detail mit digitaler Technik ausstatten, das Land will Mittel für erste schnelle Schritte bereitstellen, etwa für WLAN an möglichst vielen Schulen. „Beides hat Vor- und Nachteile“, sagt Bingemer. Von Andreas Schinkel