Drohbriefe gegen türkische Geschäftsleute in Hannover: Staatsanwaltschaft stellt sechs von neun Verfahren ein

Mehrere Drohbriefe gegen türkische Geschäftsleute in Hannovers Steintorviertel sorgten im Sommer für Unruhe unter den Migranten der niedersächsischen Landeshauptstadt. Die weiteren Ermittlungen der Polizei ergaben, dass seit Ende 2019 bis zum Juli 2020 insgesamt neun derartige Schreiben verschickt worden waren. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Hannover sechs der neun Verfahren in diesem Zusammenhang eingestellt, weil die oder der Verfasser der Drohbriefe nicht ermittelt werden konnten. Der Verein Türkische Gemeinde Niedersachsen bedauert diesen Schritt. „Haut endlich wieder alle ab, ihr Kanaken...“, so beginnt einer der Drohbriefe. Der Gastronom Mehmet Kilic, der Chef des Restaurants Urfa Sofrasi in Hannovers Nordmannpassage, war mit dem Schreiben an die Öffentlichkeit gegangen. Der Verfasser des Briefs drohte türkischen Geschäftsleuten und Moscheen Gewalt an. Unterzeichnet war das Schreiben mit den Worten „Die Deutschen“. „Ich habe Angst um meine Familie“, hatte Mehmet Kilic im Sommer der HAZ gesagt. Vier dieser Schreiben stammten nach Angaben der Staatsanwaltschaft aus diesem Jahr. Fünf weitere waren bereits Ende 2019 verschickt worden. „Wegen der Ähnlichkeit des Inhalts und der Ausdrucksweise gehen wir davon aus, dass diese Briefe zusammengehören“, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Klinge. Sechs der Verfahren seien deshalb eingestellt worden, weil an den Briefen keine Spuren mehr festgestellt werden konnten und es auch sonst keine Hinweise auf die oder den Absender gibt. „In den drei anderen Fällen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen“, sagt Klinge. „Ermittlungen müssen intensiver geführt werden“: Nejla Coskun, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Türkische Gemeinde Niedersachsen, bedauert die Einstellung der sechs Ermittlungsverfahren. „So lange nicht klar ist, wer dahinter steckt, muss befürchtet werden, dass jemand die Drohungen in die Tat umsetzt“, sagte Coskun. Die Ermittlungen sollten intensiver geführt werden und müssten unbedingt zu einem Ergebnis kommen, fordert die Vizevereinsvorsitzende. Migranten müssten sonst weiter in Angst leben und verlören das Vertrauen in die Behörden, sagte Coskun. Gastronom Mehmet Kilic lässt sich in der Angelegenheit von Rechtsanwalt Matthias Waldraff vertreten. „Das Verfahren wegen des Drohbriefs gegen meinen Mandanten läuft noch“, sagt der Jurist. Man nehme die Drohungen auch weiterhin sehr ernst. „Mehr kann ich derzeit nicht zu der Angelegenheit sagen“, sagte Waldraff. Von Tobias Morchner