Eislauf in Hannover trotz Warnung: Viele Familien auf der Graft in Herrenhausen

Stadt und Feuerwehr warnen vor Lebensgefahr – trotzdem sind am Wochenende bei sonnigem Winterwetter Hunderte Hannoveraner auf dem Eis. Vor allem die Graft in Herrenhausen ist ein beliebtes Ziel in der Stadt: Sie friert wegen ihrer geringen Tiefe meist als erstes Gewässer zu. Dutzende Familien tummelten sich dort am Sonnabend. Ein ähnliches Bild bot sich am Steinhuder Meer: Dort lockte das Eis auch hunderte Spaziergänger und Schlittschuhläufer an. Die Polizei warnt derweil in der gesamten Region Menschen davor, die viel zu dünnen Eisflächen zu betreten. Eisvergnügen auf der Graft: Mit vier Kindern sind zwei befreundete Familien aus Kirchrode und dem Heideviertel nach Herrenhausen gekommen. Alle tragen Schlittschuhe. Zwar liegt ihnen der Annateich deutlich näher – aber es hat sich herumgesprochen, dass die Graft ein sicherer Ort sei. Auch mehrere Familien aus der benachbarten Siedlung rund um den Morgensternweg wagen den Eislauf. „Wir kennen das Gewässer ja“, sagt ein Vater. Eine Familie hat sogar Eishockeytore mitgebracht, immer wieder flitzt der Puck in die Netze. Einer aus der Nachbarschaft hatte am Morgen gebohrt und gemessen: Zehn Zentimeter dick soll das Eis der Graft sein. Fast 2,5 Kilometer beträgt die Strecke, wenn man die voll U-Form des kurfürstlichen Kunstkanals komplett entlanggleitet. Viele sind aber auch nur zum Eisspaziergang gekommen oder ziehen Kinder auf Schlitten. Die Stadt warnt eindringlich davor, die zugefrorenen Gewässer der Landeshauptstadt zu betreten. Das Betreten zugefrorener Gewässer sei verboten, heißt es in einer Mitteilung ausdrücklich. „Es droht Lebensgefahr“, teilte die Verwaltung am Samstagnachmittag erneut auf Twitter mit. Feuerwehr übt Eisrettung: Das Betretungsverbot gilt nach wie vor auch für den Maschsee. Die Eisschicht ist nach Einschätzung der Stadt weiterhin viel zu dünn, das Betreten verboten. Hannovers Berufsfeuerwehr absolvierte dort am Sonnabend eine Rettungsübung. Mit Rettungsschlitten wird die vorsichtige Bewegung auf dem Eis geübt. „Man sieht an den vielen Spuren, dass auch schon etliche Menschen auf dem Maschsee waren“, sagt der Einsatzleiter. Letzte Woche war Ernstfall, da war eine Frau auf dem Märchensee im Sahlkamp eingebrochen. Auch auf dem Nachbargewässer, dem Maschteich, zeugen Kufen- und Fußspuren im Schnee vom Betreten der Eisfläche. Ein Vater marschiert wagemutig mit seiner Tochter einmal quer von der Schwanen-Halbinsel zur Freitreppe am Gartensaal. Am Ufer wagen viele Kinder einzelne Schritte aufs Eis – aber an der Culemannstraße steht ein Streifenwagen, so richtig traut sich kaum jemand auf die riskante Fläche. Rettung wird in Rechnung gestellt: Wie die Polizei auf HAZ-Anfrage mitteilt, müssen die Beamten derzeit überall in der Region einschreiten: „Wir haben mal mehr, mal weniger Menschen, die zugefrorene Gewässer betreten.“ Unter anderem an der Graft machten die Polizisten Lautsprecherdurchsagen, dass mögliche Rettungseinsätze in Rechnung gestellt werden. Bis zum Nachmittag sei regionsweit aber noch niemand irgendwo eingebrochen. Außerdem erinnerten die Polizisten an die geltenden Corona-Mindestabstände. Auch aufs Steinhuder Meer zog es die Menschen. Das Problem dort: Da das Eis auf dem See grundsätzlich nie offiziell freigegeben wird, wird umgekehrt auch nie ein explizites Betretungsverbot ausgesprochen. Maschsee wird nicht freigegeben: Mit dem Maschsee-Eisvergnügen wird es in diesem Jahr definitiv nichts. In normalen Jahren wird der See ab 13 Zentimeter Eisdicke freigegeben. In diesem Jahr hat die Stadt bisher nach eigener Auskunft noch nicht gemessen. Das Eis sei zu dünn, um es für die Messungen zu betreten, teilt eine Sprecherin mit. Zudem wäre bei einer Freigabe des Sees das Risiko zu groß, dass es zu Menschenansammlungen insbesondere an den Einstiegsstellen wie der Nordufer-Treppe kommt. Tipps der Feuerwehren bei vereisten Gewässern: Die Berufsfeuerwehren warnen bundesweit vor dem Betreten von Eisflächen – geben aber diese Tipps auch zur Erstrettung: Vor allem an dunklen Stellen kann das Eis zu dünn sein - hier droht Einbruchgefahr. Wenn Sie sich nicht sicher sind: wegbleiben! Wenn das Eis knistert und knackt, Risse aufweist oder schwallweise Wasser auf die Oberfläche tritt: nicht betreten! Wenn Sie bereits auf dem Eis sind: flach hinlegen, um das Gewicht auf eine größere Fläche zu verteilen, zum Ufer robben und dabei möglichst wenig ruckartige Bewegungen machen. Vorsicht ist nicht nur bei verschneiter Oberfläche und bewachsenem Ufer geboten. Auch an Ein- und Ausflüssen kann die Eisdicke plötzlich abnehmen. Prinzipiell sollten Sie nur Gewässer betreten, die Sie kennen. Wer einbricht, sollte versuchen, sich am Eis festzuhalten oder darauf zu ziehen. Wenn das Eis weiter bricht, kann man sich mit Fäusten oder Ellenbogen einen Weg zum Ufer freischlagen. Im Unglücksfall sofort Hilfe über den Notruf 112 oder 110 rufen! Helfer sollten sich nicht selbst in Gefahr bringen: Eigensicherung beachten (Leinen/Schwimmweste), nicht zu weit hinauswagen. Wer zum Helfen die Eisfläche betritt, sollte dafür eine Unterlage (Leiter, Bretter, Gartenzäune, umgedrehte Tische oder Bänke, Türen) verwenden, um das Gewicht zu verteilen. Eine quer über die Einbruchstelle gelegte Unterlage macht es leichter, die eingebrochene Person zu retten. Ein Hilfsmittel können auch an Gewässern aufgehängte Rettungsringe sein. Gerettete in warme Decken hüllen, vorsichtig erwärmen. Keinesfalls „als Hausmittel“ mit Schnee abreiben. Unterkühlten Personen keinen Alkohol geben, stattdessen warme alkoholfreie Getränke reichen. Von Conrad von Meding und Peer Hellerling