Funkkontakt ins ewige Eis: Wie hannoversche Amateurfunker am Südpol anrufen

Hannover-Linden, direkt hinter der Volkssternwarte. In der abendlichen Dunkelheit steht ein ausrangierter Stadtbus des ASB in einer Nebenstraße. Darin, dicht gedrängt, stehen gut 20 Frauen und Männer. Sie haben sich um eine kleine Funkanlage verteilt und eine Mission vor Augen: Sie wollen mit Menschen in einer Forschungsstation am Südpol sprechen. Funk-Kontakt in die Antarktis: Hinter der Aktion steht der Ortsverband H48 des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC). Zu diesem gehört Hans-Eugen Krümpelmann, wie seine Kollegen ist auch er leidenschaftlicher Amateurfunker. Für die Leitung in die Antarktis nutzen sie erstmals einen Satelliten, der seit Februar 2019 über dem Äquator schwebt. „Er steht in 36 000 Kilometern Höhe fest über Afrika“, erklärt Krümpelmann. Da das Funksignal erst den Satelliten und von dort aus wieder die Erde erreichen muss, überwinden die Stimmen der Funker eine Distanz von mehr als 70 000 Kilometern. Wer nun an eine große Raumstation denkt, liegt allerdings falsch. „Der Satellit ist nicht größer als eine große Kiste“, sagt Krümpelmann. Ebenso wie die Satellitenschüssel, die neben dem Bus steht. Drinnen macht sich gerade Enttäuschung über einen fehlgeschlagenen Versuch breit, als die Gruppe die Nachricht erreicht: Die Techniker am Südpol brauchen noch eine Viertelstunde. Südpol-Techniker grüßt nach Hannover: Knapp 14 000 Kilometer Luftlinie entfernt: Felix Riess bereitet seine Funkstation vor. Er ist Techniker in der Neumayer-Station III, einer Forschungseinrichtung des Alfred-Wegener-Instituts. Vor seiner Arbeit für das Institut war auch er ein Amateurfunker in seiner alten Heimat Hannover. Im Bus kommen die Funker auf einmal durch. Mit einer Kombination aus Buchstaben und Symbolen stellt Riess sich vor. Krümpelmann: „Jeder Amateurfunker bekommt nach seiner Lizenzvergabe ein Rufzeichen, dass er ein Leben lang behält.“ Mit dieser einmaligen Kennung können sie sich dann überall auf der Welt vorstellen. Riess Stimme aus dem Lautsprecher ist mal sehr hoch und schnell, mal sehr dumpf. Abgesehen von den kleinen Verzerrungen ist das Signal aber einwandfrei, beide Seiten sind begeistert. Riess und seine Kollegen erzählen über Funk vom Leben in der Station im Eis und beantworten der Reihe nach Fragen, während der Ortsverband sich in dem kleinen Bus eng um die Funkstation scharrt und gebannt lauscht. Riess ist bereits zum zweiten Mal in der Antarktis stationiert, eine Periode dauert 14 Monate. „Im Sommer sind auch mal bis 50 Leute hier“ berichtet er. „Jetzt im Winter sind wir auch mal nur neun.“ „Essen? Kann man nur einmal im Jahr bestellen“: Vier Wissenschaftler, ein Arzt, drei Techniker und ein Koch – und was gibt es zu Essen? „Im Restaurant kann man sich jeden Tag ein Essen aussuchen“, beginnt Riess. „Das ist hier ähnlich, nur dass man nur einmal im Jahr die Chance bekommt“, schiebt er lachend hinterher. Ein Schiff bringe einmal im Jahr vier riesige Container mit Nahrung, hin und wieder komme auch mal ein Flugzeug aus Kapstadt vorbei. Während Riess noch von Besuchen in der nahe gelegenen Kaiserpinguin-Kolonie mit etwa 10 .000 Tieren erzählt („Es ist allerdings auch das einzige Ausflugsziel hier“), herrscht im Bus beste Stimmung. Nach einer Stunde ist die Session beendet – und Riess verspricht neben diversen Grußkarten, beim nächsten Deutschland-Aufenthalt auch mal persönlich vorbeizuschauen. Lesen Sie auch: Funker fotografiert aus Mond-Perspektive Gefahr: An dieser Stelle ist das Südpol-Eis besonders instabil Von Jo-Hannes Rische