Großeinsatz in Hannover: Aggressive Menschenmenge umzingelt Polizisten

Aus einem an sich harmlosen Platzverweis ist am Sonnabend in Hannover ein Polizei-Großeinsatz geworden. Die Polizisten wollten am Marstall ein betrunkenes Pärchen mit zur Wache nehmen, doch Mann und Frau setzten sich zur Wehr. Plötzlich tauchten auch 250 bis 300 Anwohner auf, beleidigten und bedrohten die Beamten. Die Stimmung war derart aufgeheizt, dass am Ende 25 Streifenwagen mit bis zu 70 Polizisten vor Ort waren. Erst dann entspannte sich die Situation wieder. Nach Angaben von Behördensprecher Martin Richter war eine Polizeistreife gegen 21.05 Uhr auf die 35-Jährige und ihren 30 Jahre alten Begleiter aufmerksam geworden. Es habe eine „aggressive Grundstimmung“geherrscht, die Frau habe die Beamten als „Versager, Vergaser“ beschimpft. Die Polizisten sprachen gegen das Paar daraufhin einen Platzverweis aus. Doch wirklich akzeptieren wollten die Betrunkenen das offenbar nicht. Menge umzingelt die Polizisten: „Etwa zehn Minuten später wurden beide wieder in der Georgstraße angetroffen“, sagt Richter. Da sich das Paar weiter uneinsichtig zeigte, wollten die Polizisten die beiden nun mit zur Wache nehmen. Zwei Männer berichten der HAZ, sie seien von der Limburgpassage aus Zeugen des Einsatzes geworden. Demnach habe die neuerliche Kontrolle auf dem Gehweg vor der Kneipe Steintor Quelle stattgefunden. Während der 30-Jährige stehen geblieben sei, habe die Frau die Flucht in Richtung Bratwurst-Glöckle ergriffen. Die Beamten seien hinterhergerannt und hätten die 35-Jährige nach kurzem Sprint zu Boden gebracht. Die Frau habe sich gegen die Festnahme gewehrt, auch ihr Begleiter habe die Polizisten nach Behördenangaben mit Tritten und Schlägen attackiert. Einer der Augenzeugen beschreibt das Vorgehen des 30-Jährigen eher als Versuch, seine Begleiterin zu befreien. Immer wieder soll daraus ein wildes Handgemenge entstanden sein. Menge droht laut Polizei mit Steinwürfen: In diesem Moment lief die Situation dann aus dem Ruder. Aus dem Nichts seien laut Richter zahlreiche Menschen dazugekommen. „Bereits nach wenigen Minuten waren die Polizisten von 250 bis 300 Schaulustigen umringt.“ Die Menge bestand überwiegend aus geschätzt 20- bis 30-Jährigen, die filmten und die Beamten lautstark beleidigten. Wieder andere sollen laut Richter gerufen haben, Steine von einer nahe gelegenen Baustelle zu holen, „um sie auf die Polizisten zu werfen“. Geschehen sei das aber nicht. Woher die Menge kam, ist unklar. Die Angestellten vom Bratwurst-Glöckle hatten nach eigenen Angaben nichts mitbekommen, die Imbissbude machte kurz zuvor zu. Auch der Inhaber eines angrenzenden Kiosks und die Beschäftigten eines Dönerladens am Marstall berichten der HAZ, nichts bemerkt zu haben. Einzig Nursel Canalp von der Shisha-Bar Huqa kurz vor dem Steintorplatz sagt, sie hätte zahlreiche Streifenwagen ankommen sehen. „Einige unserer Gäste sind daraufhin aufgestanden und haben nachgeguckt“, sagt sie. 70 Beamte und 25 Streifenwagen vor Ort: Der Grund: Die zahlenmäßig völlig unterlegenen Beamten hatten umgehend Verstärkung gerufen. Am Ende standen 25 Fahrzeuge auf der Georgstraße. „Rund 60 bis 70 Beamte waren im Einsatz“, sagt Richter. Die Polizisten forderten die Menge demnach auf, sich aufzulösen. Laut den Augenzeugen von der Limburgpassage, die ebenfalls Teil der Gruppe waren, hatten die Beamten auch Pfefferspray gezückt. Die Menschentraube habe sich laut Richter relativ schnell wieder in alle Richtungen verteilt. Nach knapp einer Stunde sei der Einsatz beendet gewesen. Verfahren gegen Einzelne aus der Gruppe seien nicht eingeleitet worden. Das Pärchen kam nach dem Vorfall zum Ausnüchtern mit zur Wache. Der Atemalkoholtest bei dem 30-Jährigen ergab 2,66 Promille, die Frau verweigerte den Test. Beiden Verdächtigen wurde allerdings auch Blut abgenommen, die Werte stehen noch aus. Gegen das Paar wird nun wegen Beleidigung, Widerstand, versuchter Gefangenenbefreiung und tätlichen Angriffs ermittelt. Lesen Sie auch: Barstreit in Hannover eskaliert: 30-Jähriger verletzt drei Polizisten Hannover: Häftling will Polizist die Pistole entreißen Von Peer Hellerling