HAZ-Glosse Lüttje Lage: Die zweite Pubertät

Vorsicht, sensibles Thema: Ich habe die Pille abgesetzt. Das hat mehrere Gründe, einer davon ist Verhältnismäßigkeit. Wir befinden uns schließlich in einer seit fast einem Jahr andauernden Pandemie, und ich bin Single. Ich schütze mich ja auch nicht vor dem theoretisch möglichen, aber äußerst unwahrscheinlichen Fall eines Bärenangriffs. Seit mehreren Wochen arbeitet mein Körper nun schon daran, den Hormonhaushalt nach Jahren der Einnahme wieder zu regulieren. Schön ist das nicht. Die Haare fetten schneller, die Haut ist überfordert. Ich will Ihnen weitere Details ersparen, mein Zustand lässt sich insgesamt so zusammenfassen: Ich durchlebe eine zweite Pubertät. Und Sie können mir glauben: Eine hätte ausgereicht. Was nun also anfangen mit der zurückgewonnenen Jugend? Ich könnte noch einmal zur Schule gehen wie Heinz Rühmann in der „Feuerzangenbowle“. Aber das ist in diesen Zeiten ja auch nicht erstrebenswert. Noch mal hinterm Bolzplatz eine furchtbar widerliche Zigarette rauchen? Überhaupt Dinge tun, weil es doch alle tun? Nein, das klingt nicht verlockend. Außerdem verspüre ich ohnehin ein großes Verlangen danach, meine Zimmertür zuzuschlagen und sehr laute, sehr traurige Musik zu hören. Zudem würde ich meinen Eltern gern an den Kopf werfen, dass sie mein Leid nie verstehen werden. Lüttje Lage: Hier finden Sie weitere lustige Texte aus unserer Serie Das Problem: Meine Eltern wohnen 230 Kilometer von Hannover entfernt – ein Umstand, den sie oft bedauern. Derzeit ist es aber nur zu ihrem Besten. Von Johanna Stein