Hainhölzer Hersteller an der Belastungsgrenze: Laborkühlschränke für Impfzentren werden Mangelware

Es gibt Licht am Ende des Corona-Tunnels, und nun soll alles möglichst bestens vorbereitet sein, für den Fall, dass wirklich geimpft werden kann. Dafür sollen in Hannover und der Region nicht nur jeweils vier Impfzentren eingerichtet sondern auch bestückt werden – mit Personal und entsprechender Infrastruktur wie etwa besonders leistungsstarken Großgefrierschränken zum Lagern der kostbaren Vakzine. Diese müssen bis kurz vor der Injektion bei etwa minus 70 Grad gelagert werden – weit kälter als im handelsüblichen Gefrierfach. Bestellungen gehen durch die Decke: In Hannover-Hainholz wird eigentlich mit Kälte gearbeitet. Trotzdem geht es bei der Firma Tritec derzeit heiß her: Die Nachfrage nach Spezialkühlgeräten ist explosionsartig angestiegen, die Auftragsbücher sind übervoll, die Kapazitäten erschöpft. Seit 1984 hat sich das mittelständische Unternehmen in der Hüttenstraße auf Kälte und Klimatechnik vor allem für Labore spezialisiert. „Wir fertigen auf Bestellung unter anderem Geräte für Kliniken, Universitäten, Labore oder Institute, in denen etwa Blutplasma gelagert werden kann“, sagt Geschäftsführerin Brigitte Nolden. Aktuell sind die Bestellungen von Geräten auch mit besonderer Kühlleistung gewissermaßen „durch die Decke gegangen.“ Die geplanten Impfzentren müssen bestückt werden, so Nolden, und das möglichst schnell. Auch bei der Firma Hellmann in Lehrte bereiten sich die Mitarbeiter auf Transporte von Impfstoffen vor. Der Logistiker mit 270 Standorten in 56 Ländern, seit Jahren auf Gesundheitsprodukte spezialisiert, arbeitet seit Wochen an Konzepten vor allem für die Luftfracht. „Da wird es zum einen um Kapazitäten in Frachtmaschinen gehen aber auch um die richtige Kühlkette etwas an Flughäfen“, sagt Jan Kleine-Lasthus, verantwortlich für die internationale Luftfracht bei Hellmann. So müsste etwa dafür gesorgt werden, dass genügend Trockeneis für die korrekte Lagerung der Vakzine an den Zielflughäfen vorhanden sei. „Und wo wir da genügend herbekommen, ist noch nicht final geklärt“, so Kleine-Lasthus. Der Experte schätzt, dass die meisten Impfstoff-Importe aus Asien kommen werden. „Es ist eine Herausforderung für uns zu organisieren, dass die Stoffe sicher in Europa ankommen.“ Temperaturen, Verpackungslösungen sowie die Infrastrukturen an den Airports seien die vordringlichsten Hürden. Die Logistik läuft längst. „Wir haben bereits Anfragen aus sehr vielen Staaten für den Transport der Impfstoffe. Auf die Pharmaunternehmen verlassen sich die Länder da offensichtlich eher nicht“, betont Kleine-Lasthus. Das größte Frachtvolumen erwartet das Unternehmen für das erste Quartal des kommenden Jahres. Bis dahin dürfte die globale Produktion maximal hochgefahren sein, vermutet Kleine-Lasthus. Zumindest genügend Trockeneis sollte dann schon einmal organisiert sein. Es muss ja nicht in Lehrte lagern. sub In diesem Jahr allerdings kann die Firma Tritec keine Neubestellungen mehr annehmen. „Unsere Kapazitäten sind restlos erschöpft“, betont die Geschäftsführerin. Firmenintern habe man bereits sämtliche Alternativen mit Überstunden und Wochenendarbeit ausgereizt. „Die Regierung hat da ein bisschen zu kurz geschossen“, betont Nolden. Es sei einfach nicht umsetzbar, bis Mitte Dezember die Impfzentren entsprechend mit Kühlvorrichtungen auszustatten. Kein fertiges Impfkonzept: Gefragt sind derzeit nicht nur die Großgeräte, die ihren Inhalt auf bis zu minus 80 Grad herunterkühlen können – kalt genug für den Impfstoff der Firma Biontec mit Hauptsitz in Mainz, der bei etwa minus 70 Grad zu lagern ist. „Auch die Lagerungskühlschränke mit einer Betriebstemperatur von rund 5 Grad sind extrem nachgefragt – und nicht lieferbar.“ Schließlich müssten die Impfdosen zwar bei extremer Kälte aufbewahrt werden, „vor der Verabreichung aber müssen sie natürlich aufgetaut werden – daher die extreme Nachfrage nach den verschiedenen Modellen.“ Normalerweise produziert die Firma rund 150 bis 200 verschiedene Geräte pro Monat – so viele, wie jetzt allein Bayern für seine Impfzentren benötigt. Mehr als 20 werden aus Hannover allerdings nicht in den Süden geliefert werden können. Vermutlich, so Nolden, werden viele Zentren auf übliche Haushaltsgeräte ausweichen müssen. In Hainholz habe man daher nicht den Eindruck, dass Bund und Länder ein fertiges Impfkonzept in der Tasche hatten, als die Nachricht vom Impfstoff da war. „Innerhalb von zwei Wochen ist die Nachfrage nach den Spezialgeräten jetzt förmlich explodiert, vor ein paar Woche noch hätten wir besser darauf reagieren können“, betont die Geschäftsführerin. „An der Leistungsgrenze“: Zumal es deutschlandweit lediglich rund ein Dutzend Hersteller dieser begehrten Geräte gibt. „Wir sind alle an unserer Leistungsgrenze“, betont Brigitte Nolden. Mitte Januar werde sich die Lage entspannen, für den schnellen Start aber bleibt die professionelle Kühlung Mangelware. Rund 700 Liter Volumen fasst ein mittleres Spezialgerät, das entspricht rund 150 Boxen für einige Tausend Impfdosen – Kostenpunkt rund 15.000 Euro. Lesen Sie auch: Bund rechnet mit Zulassung eines Impfstoffes im Dezember Der lange Weg zum kurzen Pieks Niedersachsens Plan für Impfzentren und mobile Teams Von Susanna Bauch