Hannover: Das ist das Museum Walter Reinhardt in Kirchrode

Birgit Jahn-Reinhardt war noch keine 18 Jahre alt, als sie ihren Walter kennenlernte. Sie absolvierte damals eine Ausbildung als Köchin in dem Betrieb der Eltern von Walter Reinhardt, der zu der Zeit dort kellnerte. Die beiden wurden ein Paar und unternahmen damals viele Kunstreisen – auch zum Kunsttempel von Johann Michael Bossard in Jesteburg. Dort, vor 40 Jahren, entstand die Idee von Jahn-Reinhardt, eines Tages, wenn ihr 23 Jahre älterer Mann mal nicht mehr leben würde, ein Privatmuseum mit seinen Kunstwerken zu eröffnen. „Damals existierten schon zahlreiche Gemälde von ihm“, erinnert sie sich. Als der Maler 2011 starb, setzte sie ihre Idee in die Tat um. Sie suchte die Bilder aus dem ganzen Haus zusammen, vor allem aus seinem Atelier in einem Anbau. „Das waren nicht gerade wenige“, sagt die Kirchroderin. Nach nach sammelte sie die Stücke in eine der zwei Anliegerwohnungen im ersten Stock des Hauses. Dort ließ sie Leisten und die richtige Beleuchtung anbringen und verwandelte die Räume so in ein Museum. „Es war auch eine Art Trauerbewältigung“, sagt die 65-Jährige, die sich bewusst gegen eine Galerie und für ein Museum entschied. „In den Räumen stehen auch persönliche Gegenstände, wie seine Weste oder sein Spazierstock.“ Viele persönliche Einblicke: Bis zum Beginn der Corona-Pandemie hat Jahn-Reinhardt Führungen durch die Villa Potzlach, wie sie ihr Haus an der Brabeckstraße 111a getauft hat, angeboten. Mit anschließendem Vier-Gänge-Menü nach „Walters Lieblingsrezepten“. Tatsächlich bekommen Besucher neben der Kunst von Walter Reinhardt auch viel Privates zu sehen, erhalten persönliche Einblicke in seine Zeit als Kellner auf Kreuzfahrtschiffen oder als Barkeeper im eigenen Jazzlokal. Die Hausinhaberin führt sogar durch ihre privaten Räumlichkeiten, in denen einige der Werke hängen. Bildband ist seit Ende 2020 erhältlich: „Es kommen erstaunlich viele Leute aus der Gegend“, berichtet sie. Ein Ehepaar wäre sogar schon dreimal in der Villa Potzlach gewesen. Für viele sei es einfach das Gesamtwerk, das sie interessiere, erklärt Jahn-Reinhardt. Auch hofft sie, dass die Pandemie bald überstanden ist. „Es gibt schon Leute, die mussten ihren Termin bereits dreimal verschieben.“ Immerhin: Wer die Werke Walter Reinhardts sehen möchte, hat in Zeiten des Corona-Lockdowns inzwischen eine Alternative: einen Bildband. 4000 Bildes ihres Mannes ließ Jahn-Reinhardt dafür digitalisieren. Ein Jahr dauerte die Planung. Kurz vor Weihnachten hielt sie den 210 Seiten dicken Bildband „Ich Selber. Walter Reinhardt. Grafik, Malerei, Text“ mit 400 Abbildungen in ihren Händen. „Wenn Corona nicht gewesen wäre, hätte es wahrscheinlich noch länger gedauert“, sagt sie mit einem Lächeln. In dem Buch sind auch Tagebucheinträge ihres Mannes festgehalten. Weiteres Buch in Planung: Für die Zukunft hat Jahn-Reinhardt noch große Pläne. „Ich strebe ein bis zwei Ausstellungen in bedeutenden Museen an“, verrät sie. Zudem möchte sie noch ein Buch verfassen, wie es ist, mit einem Künstler zu leben. Walter Reinhardt war ein fantasievoller Künstler und Gastronom. „Mein Mann hat alle Stile aufgesogen wie ein Schwamm“, sagt Birgit Jahn-Reinhardt. Der größte Teil seiner Bildnisse sind Gesichter. Ab 1984 kristallisierte sich Reinhardts Stil mit der Schaffung einer eigenen Figurenwelt heraus: Er nannte sie Potzlach, ihre Bewohner Pötze. Die Pötze sind eine Mischung aus Figur, Ornament, Mensch, Tier und Fabelwesen – und sie passten auf eine Postkarte. Sie wurden zum Marken- und Erkennungszeichen des Künstlers. Daher bezeichnet seine Ehefrau das gemeinsame Wohnhaus in Kirchrode auch als Villa Potzlach. Die Villa Potzlach hat nach Vereinbarung geöffnet. Der Museumsbesuch mit Aperitif und Fingerfood zur Begrüßung sowie einem Vier-Gang-Menü inklusive Weinbegleitung kostet 55 Euro pro Person. Interessierte können auch einen Museumsbesuch mit Kaffeetafel für 10 Euro pro Person buchen. Führungen sind für Gruppen bis zu zwölf Personen möglich. Reservierungen nimmt Birgit Jahn-Reinhardt unter der Telefonnummer (0511) 9523187 oder unter der E-Mail an bjr-gourmet@t-online.de entgegen. Der Bildband „Ich Selber. Walter Reinhardt. Grafik, Malerei, Text“ kostet 48,50 Euro und kann ebenfalls unter den genannten Kontaktdaten bestellt werden. Weitere Informationen rund um den Künstler und seine Werke finden Interessierte online unter www.walter-reinhardt.de. Von Laura Ebeling