Hannover: Härtetest für die Batterie - wie fährt sich das E-Auto bei Kälte?

Kälte und Akkus – so recht passt das nicht zusammen. Meinte ich zumindest bislang. Unvergessen bleiben Wintereinsätze mit der Fotokamera in zugigen Fußballstadien. Da durften Ersatzakkus in der Hosentasche nie fehlen. Sonst konnte es schnell passieren, dass Fotos aus der zweiten Halbzeit nur Kollegen liefern konnten, die sich vorab mit genügend Energiespendern eingedeckt hatten. Und nun sollte also Akku-Strom bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt unseren neuen Volkswagen ID.3 antreiben? Ich war skeptisch. Akku verliert auch nach einer Woche in der Kälte kaum Energie: Bevor ich unser E-Auto für die winterliche Testfahrt starten konnte, musste ich es aber erst einmal freilegen: Der Winterdienst hatte es sicher nur gut gemeint, als er in unserer Straße Schnee schob. Aber leider hat er den Elektroflitzer gleichzeitig hinter Schneebergen versteckt. Und so hatte der ID.3 eine komplette Woche in seinem eisigen Gefängnis verbracht, als ich zum Schneeschieber griff. Die erste Überraschung gab es dann prompt. Und das war sogar eine positive. Als ich den Wagen vor dem Wintereinbruch am Straßenrand abgestellt hatte, war der Akku zu 75 Prozent geladen. Und daran hatte sich auch nach einer Woche in der Kälte nichts geändert. Die Batterien waren immer noch zu Dreiviertel gefüllt. Das machte Hoffnung. Verbrauch steigt kräftig an: 60 Kilowattstunden auf 100 Kilometer: Auf zur ersten Fahrt. Aus der List nach Großburgwedel. Knapp 18 Kilometer über Bothfeld und Isernhagen. Fahren ließ sich der Wagen richtig gut, es ist halt ein ganz normales Auto. Eis und Schneereste auf den Straßen machten dem 1,8 Tonnen schwerem Fahrzeug nichts aus. Nur der Blick auf den Verbrauch irritierte schon ein wenig. 60 Kilowattstunden je 100 Kilometer meldete der Bordcomputer auf halber Strecke – 20 sind es normalerweise. Am Ziel angekommen lag der Durchschnittsverbrauch bei knapp 40 Kilowattstunden auf 100 Kilometern. Und das, obwohl ich auf Anraten eines Freundes, den Wagen extra mit einer Wärmepumpe geordert hatte. „Das hilft im Winter Energie zu sparen“, erklärte er mir damals. Wer wagt da zu widersprechen, zumal besagter Freund als Entwicklungsingenieur in der Autoindustrie arbeitet. Ist die Batterie auf Betriebstemperatur, sinkt der Verbrauch: Wieder zu Hause wollte ich es dann genauer wissen, rief den Freund an und hoffte auf eine Erklärung für den hohen Verbrauch. Die kam dann prompt: „Nach dem Start wendet der Wagen viel Energie dafür auf, die Batterie auf Betriebstemperatur zu bringen. Ist diese erreicht, dann sinkt der Verbrauch auch im Winter auf deutlich niedrigere Werte ab“, erklärte er am Telefon. „Also alles ganz in Ordnung. Du musst halt weitere Strecken fahren, dann klappt's auch im Winter mit dem Durchschnittsverbrauch.“ Ein sicher nicht ganz ernst gemeinter Rat. Und was ist nun das Fazit nach der ersten Fahrt bei Eis und Schnee im neuen E-Auto? Der ID.3 fährt auch im Winter richtig gut. Ich muss mir jetzt nur noch einen Job in Braunschweig, Hameln oder Hamburg suchen. Oder ich setze auf Tauwetter und fahre in der Zwischenzeit einmal öfter an die Ladestation. Von Thomas Oberdorfer