Hannover: Juristin mit 59.900 Euro auf dem Konto beantragt Hartz IV

Was ist ein „erhebliches Vermögen“ – und ist man mit 59.900 Euro auf dem Konto so bedürftig, dass man einen Anspruch auf Hartz IV haben sollte? Eine 40 Jahre alte Juristin aus Hannover meinte ja und hat beim Jobcenter in Hannover einen Antrag auf die Grundsicherungsleistung gestellt – erfolglos allerdings, wie das Landessozialgericht am Montag mitteilte. Es sei offenkundig, dass in ihrem Fall Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt seien, entschieden die Richter in Celle. Offenbar hat die 40-Jährige versucht, die erleichterten Antragsvoraussetzungen in der Corona-Pandemie für sich zu nutzen. Der Lockdown trifft viele Kleinunternehmer und Soloselbstständige hart. Darum sollen sie leichter Zugang zur Grundsicherung bekommen und müssen nur erhebliche Vermögen jenseits der 60.000 Euro angeben. Weniger als 60.000 Euro auf dem Konto: Die Juristin aus Hannover hielt sich unter den Voraussetzungen offenbar für einen Hartz-IV-Fall und wurde im Mai 2020 beim Jobcenter vorstellig – dort aber fand man ihre Angaben zum Vermögen unklar und forderte Kontoauszüge an. Tatsächlich befanden sich auf dem Konto der Frau weniger als 60.000 Euro, nämlich genau 59.900 Euro. Allerdings hatte die 40-Jährige kurz zuvor zweimal 2000 Euro abgehoben. Da die Juristin keine Verwendungsnachweise über die 4000 Euro liefern konnte, lehnte das Jobcenter den Antrag mit der Begründung ab, dass bei ihr Vermögen von mehr als 60.000 Euro vorhanden sei. Die Juristin allerdings beharrte darauf, dass sie über kein erhebliches Vermögen verfüge. Schließlich unterschreite ihr Konto mit 59.900 Euro die Freibetragsgrenze. Richter: Offenkundig kein Anspruch: Damit kam sie nicht durch. Es sei schon zweifelhaft, ob die Pandemievorschriften für die Frau überhaupt anwendbar seien, entschieden die Richter. Ihre Lage sei gar nicht mit der besonderen Situation von Einkommenseinbußen bei Kleinunternehmen und Soloselbstständigen vergleichbar. Erhebliches Vermögen liege jedenfalls dann vor, wenn im Einzelfall für jedermann offenkundig sei, dass Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt seien. Im Fall der Juristin aus Hannover sei das allgemeine Schonvermögen maßgeblich. Das liegt weit unter 59.900 Euro, wie Hartz-IV-Empfänger wissen. Von Karl Doeleke