Hannover-Linden: Bildband zeigt das Leben auf dem neuen Hanomag-Gelände

Drei Wochen verspätet hält Thomas Langreder den Bildband „Hanomag – Räder, Lofts und Kreative“ in seinen Händen. Dafür hat der Fotograf aus Linden-Nord den neu hergerichteten Gebäudekomplex in Linden-Süd die vergangenen zwei Jahre abgelichtet. Zufrieden blickt Langreder auf den Bildband, von dem er vorsichtig die Schutzfolie entfernt. So ganz überrascht ist er über das Endprodukt nicht. Hat er es doch in den Monaten vor dem finalen Druck etliche Male auf dem Bildschirm oder ausgedruckt begutachtet. Dennoch: Die Arbeit habe ihm Spaß gemacht und sei ihm eine Herzensangelegenheit gewesen. Er selbst war als junger Mann im Musikzirkuszelt gewesen, das in einer der Industriehallen – der U-Boot-Halle – stand und das tanzende Partyvolk anzog. Architekten geben Bildband in Auftrag: Der Auftrag für den Bildband kam von den Agsta Architekten, die aus dem alten Industriekomplex ein modernes Viertel zum Wohnen und Arbeiten gemacht haben. Ihnen sei es aber nicht darum gegangen, die architektonische Neugestaltung abzubilden. Vielmehr wollte man „das Leben dort dokumentieren und die Menschen im Vordergrund sehen“, erzählt Langreder. Die Architektur laufe als Subtext mit. Deshalb passe er als Fotograf auch so gut zu dem Fotoprojekt, da er sich in seiner Arbeit „Menschen in Räumen“ widme, wie er sagt. Zudem habe er die Gegend bereits für die Wirtschaftsförderung Hannover Impuls fotografiert und kenne sich somit aus. Einblicke ins Private: Besonders gefallen habe ihm, dass die Loftbewohner ihm bereitwillig die Türen geöffnet haben und er sie in ihrem Zuhause ablichten durfte. Häufig habe man danach noch bei einem Espresso zusammengesessen. Vor allem das trubelige Familienleben beim Kinderarzt Christian Behrens habe ihm zugesagt. Neben dem Leben in den lichtdurchfluteten Lofts, bei dem keines dem anderen gleicht, dokumentiert Langreder die Unternehmen, die sich auf dem Gelände angesiedelt haben, vom Fahrradhändler Stadler bis hin zu den Büroräumen des kreHtiv-Netzwerks. Die dunkle Vergangenheit nicht verschweigen: In dem Bildband finden sich aber nicht nur Fotos von Lofts und Bürohallen, Geschäften und Arztpraxen. Den Anfang macht ein Blick in die Geschichte, wenn auch nur als kleiner Abriss, um eine grobe Ahnung zu bekommen, dass die Hallen in der Zeit des Nationalsozialismus alles andere als einem guten Zweck dienten. Das Hanomag-Gelände wurde damals genutzt, um Kriegsmaterialien für den Zweiten Weltkrieg herzustellen. Die neueren Bilder, die aus der Zeit stammen, bevor die Räume saniert wurden, kommen aus dem Repertoire des Fotografen Karl Johaentges, der eigentlich mit dem Fotoprojekt beauftragt werden sollte. „Wäre das Hanomag-Industriegelände ein Mensch ...“: Für den Begleittext, der nicht nur die Geschichte, sondern auch das Leben der Menschen auf dem Gelände heute erzählt, hat Agsta die freie Texterin Lisa Verena Pape engagiert. Ungewöhnlich steigt sie ein: „Wäre das Hanomag-Industriegelände ein Mensch, wäre es selbstbewusst, mit klarem Blick nach vorne.“ Es wirkt so, als sei sie ihm Angesicht zu Angesicht begegnet. Der Bildband „Hanomag – Räder, Lofts und Kreative“ (108 Seiten, Softcover) kostet 29,80 Euro und ist auf der Homepage von Thomas Langreder sowie im Buchhandel erhältlich. Von Monika Dzialas