Hannover: Sparda-Bank darf in Ungnade gefallenem Betriebsrat nicht kündigen

Der Versuch der Sparda-Bank, den in Ungnade gefallenen Betriebsrat Detlev Hagenkord zu kündigen, ist vorläufig gescheitert. Das Arbeitsgericht Hannover war von der genossenschaftlich organisierten Bank angerufen worden, um den Weg für eine in Aussicht gestellte Kündigung des 60-Jährigen freizugeben; der Betriebsrat hatte zuvor seine Zustimmung verweigert. Und auch die 7. Kammer mochte diesem Ansinnen nicht folgen. „Wir denken zwar, dass das Verhalten von Herrn Hagenkord alles andere als korrekt war“, sagte der Vorsitzende Richter Axel von der Straten. Doch eine fristlose Kündigung rechtfertige seine unangemeldete Teilnahme an einer internen Telefonkonferenz nicht, ebenso wenig ein Entfernen aus dem Betriebsrat. Raum war nicht leer: Hagenkord ist Betriebsratsvorsitzender der Sparda-Bank in Bielefeld und stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats. Er hatte im November 2019 einer etwa halbstündigen Telefonkonferenz mit Vertretern aus Ostwestfalen und Umgebung beigewohnt, ohne sich anzumelden oder später kundzutun, dass er – gemeinsam mit Mitarbeitern aus Bielefeld – in einem Raum stand, wo er jedes Wort verstehen konnte. Ein Thema sollen strittige Dienstfahrten und Dienstpläne gewesen sein. Sparda-Anwalt spricht von „grobem Vertrauensmissbrauch“: Sparda-Anwalt Armin Rudolf bezeichnete das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden als „groben Vertrauensmissbrauch“, geißelte die Teilnahme an der Telefonkonferenz als „hinterlistig“ und eine Form von Bespitzelung. Demgegenüber erklärte Anwältin Deike Twelsiek-Wiese namens des Betriebsrats, Hagenkord sei verspätet in den Raum gekommen und habe es aus einer Nachlässigkeit heraus versäumt, sich zu erkennen zu geben – mehr nicht. Petition mit 5000 Unterschriften: Der 60-Jährige war nicht nach Hannover gereist, da er aus Rheda-Wiedenbrück kommt und rund um Gütersloh des Corona-Virus um sich gegriffen hat. Hagenkords Anwalt Carsten Lienau verwies auf eine von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi initiierte Petition, die 5000 Sparda-Mitarbeiter und Kunden unterschrieben haben. Die Kernforderung lautet, die im Dezember 2019 angedrohte Kündigung des seit 21 Jahren bei der Bank tätigen Mitarbeiters zurückzunehmen. „Betriebsrat hat keine 007-Lizenz im Dienst der guten Sache“: Es sei unstreitig, so Richter von der Straten, dass Hagenkord seine Teilnahme an der Telefonkonferenz hätte anmelden müssen, am besten schon einen Tag vorher: „Schließlich hat er keine 007-Lizenz im Dienst der guten Sache.“ Doch Voraussetzung für eine Kündigung sei ein „wichtiger Grund“, und das gebe dieser Vorgang nicht her. Demo vor der Tür: Vor dem Fachgerichtszentrum in der Leonhardtstraße hatte sich eine Stunde vor Verhandlungsbeginn ein Kreis von Mitarbeitern, Gewerkschaftern und Betriebsräten versammelt, um mit Fahnen und Plakaten für einen Verbleib von Hagenkord im Unternehmen zu demonstrieren. Sie verwiesen darauf, dass der gerichtliche Streit auf dem Hintergrund der Tarifauseinandersetzungen zu sehen sei, die Bank und Verdi zwischen Oktober und Dezember 2019 austrugen; dabei kam es an mehreren Standorten in Niedersachsen und Bremen zu ganztägigen Warnstreiks und gehäuften Krankschreibungen. „Ich hoffe, dass der Arbeitgeber nun zur Vernunft kommt und seine Klage zurückzieht“, kommentierte Jörg Reinbrecht, Verdi-Landesfachbereichsleiter für Finanzdienstleistungen, die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Doch wahrscheinlicher ist, dass die Sparda-Bank die nächste Instanz bemühen wird. Von Michael Zgoll