Hannover-Südstadt: Vierthaler-Figuren fallen Sanierungen zum Opfer

Die Genossenschaft Gartenheim lässt in Hannovers Südstadt derzeit Dutzende Mehrfamilienhäuser energetisch sanieren und dabei auch erweitern. Den Umbauten fallen Skulpturen über den Hauseingängen zum Opfer, die von Hannovers bedeutendstem Bildhauer Prof. Ludwig Vierthaler stammen. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden. Das Landesamt für Denkmalpflege hat die Gebäude vor dem Umbau überprüft und sie als nicht schützenswert eingestuft. „Es ist ein Trauerspiel“, sagt die Südstädterin Bärbel Miemietz, der die Demontage an Hauseingängen in der Dürerstraße bei einem Spaziergang aufgefallen war. „Die Straße zeigte ein wunderschönes, geschlossenes Fünfzigerjahrebild. Jetzt wird zwar gut gedämmt, aber es wird gesichtslos und charakterlos“, sagt Miemietz. Nach Angaben von Anwohnern nehmen die Bauarbeiter die puttenartigen Skulpturen „für ihre eigenen Gärten“ mit. Keine hochwertige Baukunst: Einer Abschlussarbeit zufolge, die 1993 an der Architekturfakultät der Leibniz-Uni veröffentlicht wurde, entstanden die insgesamt 18 Kinder- und Tierdarstellungen über den Hauseingängen tatsächlich in der Werkstatt von Vierthaler (1875 bis 1967). Der Bildhauer hat in Hannover unter anderem an der Gestaltung des Neuen Rathauses und des Pelikan-Werks mitgewirkt, von ihm stammen der Pelikan-Brunnen in der Eilenriede und der Arthur-Menge-Brunnen nahe den Vierthaler-Teichen in Waldhausen und vieles mehr. Hochwertige Baukunst allerdings sind die Südstädter Skulpturen nicht. Sie sind aus ursprünglich rötlichem Kunststein gegossen und tragen im Sockel die jeweiligen Hausnummern. In einem zeitgenössischen Zeitungsartikel heißt es: „Sie bringen eine heitere Note in die Häuserfronten. Sie machen es aber gleichzeitig den Bewohnern leicht, die richtige Haustür zu finden.“ Gartenheim-Vorstand Günter Haese ist überrascht über die Aufregung. „Aus meiner Sicht haben die Figuren keine kunsthistorische Bedeutung“, sagt er. „Sie haben eine schöne Zeit gehabt, sind aber formal nicht in die Neukonzeption integrierbar.“ Lesen Sie auch den Kommentar: Anfassbare Geschichte verschwindet Die Genossenschaft lässt entlang der Dürer- sowie Teilen der Krausen- und Seilerstraße etliche der schlecht gedämmten Nachkriegsbauten sanieren und dabei auch Wohnungsgrößen erweitern. Alle Gebäude erhalten eine neue Fassade. Dabei sind die Skulpturen im Weg. Lesen Sie auch: Klimafreundliches Bauen: Wohnungsgenossenschaft Gartenheim verkleidet Haus in Hannover mit Moos Von Conrad von Meding