Thesenanschlag von „Maria 2.0“: Katholische Frauen fordern Reformen

Wenn das kein Sinn für Symbolik ist: Ausgerechnet mit einem Thesenanschlag, ganz wie weiland Martin Luther, pochen katholische Frauen der Reformgruppe Maria 2.0 auf eine Erneuerung ihrer Kirche. „Es ist nicht in Ordnung, dass uns Frauen viele Dinge verwehrt sind – bei den Evangelischen geht es doch auch anders“, sagt Patricia Kuwaczka. Mit einem Dutzend Gleichgesinnter hat die 22-Jährige, die sich in der Lindener St.-Godehard-Gemeinde engagiert, am Sonnabend an der Tür der Basilika St. Clemens ein Plakat mit sieben prägnanten Forderungen aufgehängt. An vielen katholischen Kirchen in der Region standen am Wochenende ähnliche Aktionen auf dem Programm. Die Thesenanschläge sind Teil bundesweiter Proteste, mit denen die Aktivistinnen kurz vor der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz Flagge zeigen wollen. „In unserer Kirche haben alle Menschen Zugang zu allen Ämtern“, heißt es in einer Forderung. Frauen sollen also nicht länger vom Priesteramt ausgeschlossen werden. Kritik an der Sexualmoral: „Erst wenn Frauen wirklich gleichberechtigt sind, kann unsere Kirche die frohe Botschaft zum Strahlen bringen“, sagt die 62-jährige Rita Maria Scholz-Behrens beim Thesenanschlag vor der Basilika. „Wir sind nicht nur ein kleiner Kreis progressiver Feministinnen, sondern wir stehen für die große Mehrheit der Gläubigen in Deutschland“, sagt die Laatzenerin. Seit zwei Jahren kritisiert die vor allem von Frauen getragene Bewegung Maria 2.0 kirchliche Missstände und fordert Reformen ein. Die sieben Thesen prangern Klerikalismus und Machtmissbrauch, Prunk und dubiose Finanzgeschäfte an. Sie fordern ein Ende der verpflichtenden Ehelosigkeit von Priestern und eine konsequente Aufklärung von Missbrauchsfällen. „Viel zu lange schon ist die katholische Kirche ein Tatort sexueller Gewalt“, heißt es auf dem Plakat. Besonders mit der katholischen Sexualmoral gehen die Aktivistinnen, die oft zu den besonders Engagierten in ihren Gemeinden zählen, hart ins Gericht. Diese sei lebensfremd und diskriminierend. „Sie orientiert sich nicht am christlichen Menschenbild und wird von der Mehrheit der Gläubigen nicht mehr ernst genommen“, heißt es in den Thesen. Liberale Kirchenobere wie der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer ließen teils Sympathie für die Reformbewegung erkennen, andere blieben auf Distanz. Patricia Kuwaczka glaubt nicht, dass ihr Protest verpuffen wird. „Einige junge Bischöfe haben schon modernere Ansichten“, sagt sie. „Es wird immer schwerer zu begründen, warum Frauen nicht gleichberechtigt sein sollen.“ Von Simon Benne

Hannover: Thesenanschlag - Maria 2.0 will Reform der katholischen Kirche