Hannover: Verlagert sich der Straßenstrich von der Innenstadt ans Steintor?

Die Prostituierten, die seit einigen Wochen im Steintorviertel Männern auch tagsüber ganz unverhohlen ihre Dienste anbieten, stammen offenbar zum Teil vom Straßenstrich in der Innenstadt. „Aus dem Bereich Herschel-, Andreae- und Mehlstraße haben einige Prostituierte ihren Standort offensichtlich zum Marstall verlagert“, teilt die Polizei Hannover auf Anfrage mit. Der neue Ort hat für die Frauen einen entscheidenden Vorteil: Auf dem Straßenstrich durften die Sexarbeiterinnen nur zwischen 20 und 6 Uhr stehen. Auf dem Platz am Marstall sind sie bereits seit dem frühen Nachmittag unterwegs. Die Beratungsstelle Phoenix, die sich in Hannover um Prostituierte kümmert, möchte sich trotz mehrfacher Anfragen nicht zu dem Thema äußern. Sondereinsätze der Polizei: Die Polizei dagegen geht seit Anfang Juli mit regelmäßigen Sondereinsätzen gegen Dealer und Prostituierte am Steintor vor. Die Ermittler hatten zuvor festgestellt, dass mit den sukzessiven Lockerungen auch „die Anzahl der Vergnügungssuchenden am Steintor nahezu den Stand vor dem Beginn der Corona-Pandemie erreicht“ hat. Eine genaue Statistik, wie viele Frauen am Steintor derzeit anschaffen gehen, führt die Polizei nicht. Auch kann die Behörde nicht sagen, wie viele polizeiliche Maßnahmen seit dem Beginn der Sondereinsätze gegen Prostituierte im Bereich des Steintors eingeleitet worden sind. Die Polizei hat seit dem 3. Juli dort acht Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz geahndet. Insgesamt stellten die Beamten bei ihren Sondereinsätzen 23-mal die Personalien von Personen fest, die sich im Bereich des hannoverschen Rotlichtviertels aufhielten. Außerdem verhängten die Einsatzkräfte bislang 30 Platzverweise und nahmen vier Menschen in Gewahrsam, weil sie sich nicht an die ausgesprochenen Platzverweise halten wollten. Lesen Sie auch: Anwohner im Steintorviertel verärgert über Straßenprostitution Zudem sei die Behörde auch in Kontakt mit den Mitarbeitern des städtischen Ordnungsamts, die regelmäßig die öffentliche Toilette auf dem Platz Am Marstall überprüften, teilt die Polizei mit. Das Klohäuschen wird, so berichten es Anwohner, neben verschiedenen Hauseingängen von den Prostituierten zur Verrichtung ihrer Dienste genutzt. Aus diesem Grund war die Toilette bis zum 12. Juni von der Stadt in Absprache mit der Polizei geschlossen worden. Nach einer intensiven Diskussion sei sie dann der Bevölkerung wieder zur Verfügung gestellt worden. Während die Bordelle und Laufhäuser wegen der Corona-Auflagen in Hannover weiterhin geschlossen bleiben müssen, darf die Bar Hemmungslos in Hannovers anderem Rotlichtviertel in der Ludwigstraße ab sofort wieder öffnen. Am Freitag und Sonnabend wollen die Betreiber des Swinger-Clubs – einem Ort, an dem Menschen mit unterschiedlichen Partnern Geschlechtsverkehr haben können – das mit einer Eröffnungsparty feiern. Man habe bei der Stadt ein Hygienekonzept vorgelegt und habe die Erlaubnis zur Wiedereröffnung erhalten, heißt es auf der Internetseite der Bar. Öffentlich äußern wollten sich die Betreiber allerdings nicht. Obwohl es den privaten Gästen des Swinger-Clubs auch um den Austausch von Körperlichkeiten geht und der Betreiber der Bar ihnen auf drei Ebenen eine Gesamtfläche von rund 600 Quadratmetern zur Verfügung stellt, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen einem solchen Gewerbe und einem Bordell. Deshalb darf der Swinger-Club am Hauptbahnhof trotz der geltenden Corona-Verordnung wieder öffnen, die Bordelle aber nicht. Der Betreiber der Bar Hemmungslos weist auf der Internetseite ausdrücklich darauf hin, dass Prostituierte in dem Etablissement nicht erwünscht sind. Von Tobias Morchner