Hannovers Friseure hoffen auf baldige Wiedereröffnung

Eigentlich würde sie jetzt in ihrem Laden stehen, Kunden und Kundinnen begrüßen und mit einer Kollegin kurz über den besten Schnitt diskutieren. Ein Fön ginge an, das Schnippen und Schnappen der Scheren wäre zu hören. Und auch, wenn die Abstände zwischen den Frisiertischen im Sommer immer größer wurden. Eins bliebe gleich: Die Kundinnen und Kunden erwarten nicht nur eine schöne Frisur, sondern meist auch eine nette Unterhaltung. Der Friseurberuf bringt das Reden mit sich, das weiß Katarzyna Maciejewska, Inhaberin des Friseursalons „Kasia“ nah am Steintor – und sie redet gern. Viel persönlichen Austausch gibt es nicht mehr, denn auch sie musste ihren Laden schließen. Dafür erzählt sie am Telefon, wie sie als junge Frau vor zehn Jahren einen eigenen großen Friseurladen aufbaute, wie sie die Unsicherheit im zweiten Lockdown quält und auch die Angst, bald wieder bei Null anfangen zu müssen. Der zweite Lockdown kam früher, als erwartet: Dabei hatte sie sich im Sommer gut auf eine erneute Schließung vorbereitet: „Weil ich das geahnt habe.“ Doch der zweite Lockdown kam früher als erwartet. Maciejewska hatte noch mit dem Weihnachtsgeschäft gerechnet. Dann musste sie doch schon am 16. Dezember schließen. An den zwei Tagen zuvor arbeiteten auch die Mitarbeiterinnen, die eigentlich frei hatten. „Wir wurden halt auch überlaufen“, sagt sie. Das sei unglaublich gewesen, findet sie. Ihr Team? Auf das ist sie richtig stolz. Sechs Mitarbeiterinnen hat sie – drei in Vollzeit und drei in Teilzeit. Alle zwei bis drei Tage ruft sie bei ihnen an, überlegt, ob vielleicht ein gemeinsames Workout vor dem Computer helfen könnte. „Gerade merke ich, dass meine Mitarbeiter da ganz schwer zu leiden haben.“ Eigentlich machen sie einen Job, bei dem man sich viel bewegt und viel kommuniziert. Jetzt sitzen sie im Winter zu Hause, und der Lebensrhythmus fehlt, wie Maciejewska erzählt. „Ich stelle meinen Kopf positiv ein“: Eine Mitarbeiterin etwa habe ihr berichtet, dass sie spät aufsteht, spät zu Bett geht und am Tag, da bleibt ihr nichts, als auf ihren Partner zu warten, der noch zur Arbeit geht. Die Motivation sei schlicht verloren. Doch Maciejewska möchte nicht in dieses Loch fallen und als Unternehmerin auch stark bleiben für ihre Mitarbeiterinnen. „Ich stelle meinen Kopf positiv ein.“ Und ihr bleibt noch die Hoffnung, dass sie Anfang Februar wieder öffnen kann. Friseursalons sind wegen des zweiten Lockdowns geschlossen, aber die Haare wachsen weiter. Was kann man also tun gegen die Corona-Mähne? Expertin Katarzyna Maciejewska rät grundsätzlich davon ab, selbst mit der Schere Hand anzulegen. Wenn man aber den nötigen Mut aufbringe, könne man bei kurzen Haaren vorsichtig entlang der Konturen schneiden. Sie rät dazu, den Schnitt zu säubern, nicht aber eine neue Frisur zu kreieren. „Wenn man einmal ansetzt und schief schneidet, dann kann man es halt nicht mehr korrigieren“, sagt sie. Statt dem Griff zur Schere, empfiehl sie daher Stylingprodukte, mit denen man die Haare zum Beispiel zurückgelen kann, oder schöne Accessoires. Auch bei langen Haaren rät Maciejewska vom Spitzen schneiden ab. Der Grund: Die üblichen Haushaltsscheren sind viel zu stumpf. Dann habe man am Ende mehr Spliss im Haar als vorher. Für den Ansatz empfiehlt sie Mascaras oder Farbsprays, die auch in der Drogerie erhältlich sind. „Man kann da auch nichts falsch machen, weil es sich wieder rauswäscht“, sagt sie. Die teilt auch Jochen Carls von Trio Hair. Drei Friseurfilialen betreibt er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Frank Freyer allein in Hannover. Die Maßnahmen seien angesichts der Zahlen verständlich, trotzdem ist er frustriert. Für das Gehalt seiner 55 Mitarbeiter muss er nun in Vorkasse gehen. Auch die Überbrückungshilfen seien noch nicht ausgezahlt. Friseur möchte Perspektiven aufgezeigt bekommen: „Das dauert natürlich, bis man da eine Entlastung hat“, sagt der 55-Jährige. „Meines Erachtens zu lange.“ Er möchte für eine Wiederöffnung auch eine Perspektive aufgezeigt bekommen, um sich vorbereiten und um Termine machen zu können. „Da brauchen wir jetzt Antworten von der Regierung.“ Und wenn die nicht kommen oder sie über den Januar hinaus schließen müssten? „Daran möchte ich gar nicht denken“, sagt Carls. Sollte der Lockdown tatsächlich noch einmal verlängert werden, dann müsste Maciejewska wieder bei Null anfangen. Mit nur 22 Jahren eröffnete sie bereits ihren eigenen großen Salon. Mitten im ersten Lockdown hatte sie das Jubiläum des zehnjährigen Bestehens gefeiert. Die Kredite seien mittlerweile abbezahlt. „Ich habe natürlich ein bisschen Ersparnis“, sagt sie. Auch für die Rente habe sie als Unternehmerin vorgesorgt – wenn sie nicht wieder eröffnen kann, dann müsse sie vielleicht auch dieses Geld antasten oder wieder einen Kredit aufnehmen. „Wir verdienen Geld mit unserem Wissen und unserem Handwerk“: Wie auch im ersten Lockdown verschickt sie weiterhin Produkte an ihre Stammkunden und berät sie über das Telefon. Zusätzlich plant sie einen Onlineshop, arbeitet daran, ein eigenes Produkt auf den Markt zu bringen. Doch sie weiß auch: „Wir verdienen Geld mit unserem Wissen und unserem Handwerk.“ Man merkt, die Hoffnung, bald wieder einen Plausch mit Kunden und Kundinnen in ihrem Salon zu halten, die möchte sie nicht aufgeben. Sie sagt dazu: „Alle die mich kennenlernen sagen, ich bin der optimistischste Mensch der Welt.“ Von Alina Stillahn