HsH, TiHo und Leibniz-Uni: Wie Hannovers Hochschule mit der Klausurenphase im Lockdown umgehen

An Hannovers Hochschulen beginnt trotz verschärftem Corona-Lockdown die Prüfungsphase. Für viele Klausuren müssen die Studierenden vor Ort präsent sein – und reisen dafür teils aus Elternhäusern in ganz Deutschland wieder nach Hannover. „Es stellt sich die Frage, ob Prüfungen in dieser Situation auf Krampf in Präsenz durchgeführt werden müssen“, kritisiert eine Studentin der Tierärztlichen Hochschule Hannover (Tiho). Ihre Mitstudenten kämen teils aus Kreisen mit hoher Ansteckungsrate und dürfen sich dann womöglich nur 15 Kilometer vom Wohnort entfernen. Die Nervosität unter Studierenden ist ungleich höher als in allen vorherigen Phasen der Pandemie, das macht sich an allen Hochschulen bemerkbar. „Wir spüren das sehr“, sagt Julia Gillen, neue Vizepräsidentin für Lehre der Leibniz-Universität. Manche Studenten haben Sorge, in Busse und Bahnen zu den Prüfungen zu fahren. „Aber vielen Studierenden wird auch das Geld knapp. Wenn wir Klausuren ausfallen ließen, hätte das für sie gravierende finanzielle und biografische Folgen“, sagt Gillen. TiHo veranstaltet praktische Übungen: Zum Beispiel läuft an der TiHo zur Prüfungsvorbereitung aktuell ein praktischer Kurs in Parasitologie. Im Prinzip könnten Studierende sich dafür auch online fit machen, die Anwesenheitspflicht ist aufgehoben. Allerdings sind im Netz nicht alle Inhalte hinterlegt. „Wir müssen jetzt selbst entscheiden, ob wir Lücken in der Vorbereitung lassen oder eine Ansteckung riskieren“, bemängelt eine angehende Tiermedizinerin. Die Studentin berichtet, dass ihre Kommilitonen das Thema sehr kontrovers diskutieren. Viele befürchten eine Verzögerung des Studiums. „Wir hätten uns aber mehr Flexibilität gewünscht. Präparate, die nicht online stehen, hätte man aus der Prüfung ausklammern können“, argumentiert die junge Frau. „Unser Studium funktioniert ohne praktische Übungen nicht. Aber warum wurden sie nicht im Sommer angeboten, als die Infektionszahlen viel niedriger waren?“ Examen: Onlineprüfungen gehen nicht: Die TiHo verweist darauf, dass die Kurse inhaltlich aufeinander aufbauen. Ein Vorziehen sei deshalb nicht möglich. „Und wir müssen praktische Prüfungen machen, damit die Studierenden handwerkliche Fähigkeiten erwerben“, sagt Sprecherin Sonja von Bredthorst. Alle Prüfungen ab 5. Semester sind für das Staatsexamen relevant. „Wir wollen, dass die Studierenden ihren Abschluss nicht verspätet bekommen. Onlineprüfungen sind für das Staatsexamen rechtlich nicht möglich.“ Für eine große Prüfung mit 250 Teilnehmern hat die TiHo wieder das Hannover Congress Centrum (HCC) gemietet. 125 Studierende schreiben dort gleichzeitig, für Einlass und Anmeldung gibt es jeweils drei Stände. Der Kurs Parasitologie läuft aufgeteilt in Gruppen mit maximal 20 Leuten, in Räumen, die unter Corona-Bedingungen für 70 Menschen zugelassen sind. Hochschule Hannover: Mundschutz auch am Platz: Die Prüfungsphase an der Hochschule Hannover (HsH) ist bereits gestartet, die ersten Klausuren mit bis zu 75 Studierenden liefen schon in der Aula – mit Abstand, festgelegten Laufwegen, Belüftung und Sauerstoffmessung, wie Präsident Josef von Helden versichert. Ihre großen Klausuren hat die HsH aber zunächst verschoben, sie sollen in kleineren Gruppen stattfinden. Nach Beschwerden von besorgten Studierenden hat die HsH Ende vergangener Woche außerdem die Bedingungen verändert. Die Prüflinge müssen nun auch am Platz während der gesamten Klausur einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Die Sitzordnung wird dokumentiert und Studenten können auch kurzfristig von der Prüfung zurücktreten, ohne das sich dies negativ auswirkt. Onlineprüfungen nicht rechtssicher: Die HsH hat viele Klausuren durch Hausarbeiten, mündliche Prüfungen, Präsentationen oder Portfolios ersetzt. Diese alternativen Formen seien in technischen Fächern allerdings meist nicht möglich, sagt von Helden. „Da geht es um Fairness und Vergleichbarkeit. Wir können außerdem 200 Teilnehmer in Mathe nicht einzeln mündlich prüfen.“ Onlinefernprüfungen seien rechtlich schwierig. „Wir müssten sicherstellen, dass der Prüfling selbst am Rechner sitzt.“ Die HsH hatte eigentlich die Eilenriedehalle für große Prüfungen gemietet, ist davon aber abgerückt. Das Risiko, dass sich 400 Studierende am Eingang drängen, erschien zu groß. Auch ein gemietetes Zelt gibt es dieses Mal nicht. Nun laufen diese Prüfungen, verteilt auf jeweils mehrere Räume, im Februar in der Hochschule. „Wir machen das alles für die Studierenden. Natürlich ist der Gesundheitsschutz das Wichtigste. Aber wir sind auch in der Pflicht, den Studienerfolg sicherzustellen.“ Leibniz-Uni teilt große Gruppen auf: An der Leibniz-Universität startet die Klausurenphase Ende Januar. Für eine Mathe-Prüfung hat die Uni wieder das Convention Center auf dem Messegelände angemietet, damit die Studenten die Abstände einhalten können. Ansonsten setzt die Hochschule darauf, riesige Klausuren in bis zu 20 Räume über den Campus zu verteilen. Besonders in Wirtschaftswissenschaften, E-Technik und Maschinenbau gibt es schriftliche Prüfungen mit vielen Teilnehmern. Für die größte Klausur haben sich rund 1000 Studierende angemeldet. In normalen Zeiten würden rund 70 Prozent davon teilnehmen. „Wir rechnen jetzt mit 50 bis 60 Prozent Teilnehmern, aber wir organisieren die Prüfung für 1000“, erklärt Vizepräsidentin Julia Gillen. Wie an Tiho und HsH können Studierende ohne Nachteil von einer Klausur zurücktreten. Von Bärbel Hilbig