Impfung gegen das Coronavirus: Niedersachsen hat den Start verschlafen

In Niedersachsen gelingt es bisher kaum, die Bevölkerung in nennenswerter Zahl gegen das Coronavirus zu impfen. Seit dem Start der bundesweiten Kampagne am vergangenen Sonntag haben nur 835 Menschen das Vakzin verabreicht bekommen. Bundesweit waren es gut 42.000. Das geht aus Daten hervor, die das Robert-Koch-Institut am Dienstag veröffentlicht hat. An mangelnder Verfügbarkeit des Impfstoffs kann es nicht liegen: Seit Montag stehen nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Hannover 63.000 Dosen für Niedersachsen bereit. Heute soll das Land noch einmal die gleiche Menge geliefert bekommen. Dass es schneller geht, zeigen andere Länder. In Nordrhein-Westfalen wurden bis Dienstag mehr als 7.000 Menschen gegen Sars-Cov-2 geimpft, in Bayern waren es mehr als 5.000 Menschen. Selbst kleineren Bundesländern wie Sachsen-Anhalt (4.000) oder Schleswig-Holstein (2.500) gelingt es besser, den Impfstoff unters Volk zu bringen. Am Dienstag 180 Impfungen in der Grafschaft Bentheim: Häufig wird dort bereits flächendeckend geimpft. Niedersachsen dagegen hat am Sonntag zunächst nur in Pflegeheimen in den Kreisen Cloppenburg und Osnabrück mit besonders hohen Inzidenzwerten begonnen. Am Dienstag wurden 180 weitere Senioren in der Grafschaft Bentheim geimpft. Am Mittwoch soll es in der Region Hannover und im Kreis Nienburg losgehen. Erst von der kommenden Woche an sollen dann nach den Worten von Gesundheitsstaatssekretär Heiger Scholz in allen Landkreisen und Städten Impfungen angeboten werden. Der SPD-Politiker ist damit zufrieden: „Der Start der Impfkampagne ist in allen Kreisen, die bereits impfen, sehr gut angelaufen und es kommen nun praktisch täglich weitere hinzu.“ „Zehntausende Impfdosen warten“: Das sehen viele anders. Selbst innerhalb der rot-schwarzen Koalition macht sich Unverständnis über den trägen Start der Impfkampagne breit. „Wir müssen da jetzt zwingend schneller werden“, forderte am Dienstag der stellvertretende Ministerpräsident, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). „Niedersachsen verschläft gerade den Impfstart“, kritisierte auch die FDP-Landtagsabgeordnete Susanne Schütz. „Zehntausende Impfdosen warten in den Kühlschränken und werden aktuell nicht verabreicht.“ Auch aus den Landkreisen und großen Städten kommt Kritik – sie haben für die Landesregierung 60 Impfzentren im Land aufgebaut. Die sind seit Mitte Dezember einsatzbereit und werden kaum genutzt. Sehr zum Missfallen des Präsidenten des niedersächsischen Landkreistages, Hubert Meyer: „Die Menschen müssen das Gefühl bekommen: Es geht jetzt los – nicht nur in einigen Hotspots.“ Meyer forderte, dass Menschen über 80, die nicht in Heimen leben, so schnell wie möglich landesweit Termine in den Impfzentren bekommen sollen – zunächst sollten sie frühestens Ende Januar an der Reihe sein. Mittlerweile könnte es doch schneller gehen. Man werde „zeitnah“ mit der Terminvergabe in den Impfzentren beginnen können, sagte am Dienstag ein Sprecher von Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD). Dann sind Ältere über 80, die zu Hause leben, Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten und Mitarbeiter im Rettungsdienst die Impfung bekommen. Von Karl Doeleke