Jubiläum der Feldjäger-Schule Hannover: Was macht eigentlich ein Militärpolizist?

Die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr hat Geburtstag. Vor zehn Jahren zogen die Ausbilder vom Süden Deutschlands nach Hannover. Seitdem befindet sich hier auch dank des in Bothfeld angesiedelten Kommandos Feldjäger die Hauptstadt der deutschen Militärpolizisten. Nun feierte die Truppe ihr Schuljubiläum auf dem Gelände der Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne in Vahrenheide – und berichtet der HAZ gleichzeitig, welche Aufgaben ein moderner Feldjäger heutzutage hat. Rund 350 Menschen arbeiten als Stammpersonal in der Feldjägerschule. Am Standort werden seit 2009 alle Militärpolizisten ausgebildet, gleichzeitig die Soldaten mit künftigen Aufgaben im Stabsdienst – insgesamt drücken so bis zu 1000 Militärs gleichzeitig die Schulbank an der Kugelfangtrift. Laut Oberst Ralf Broszinski, Kommandeur der Feldjägerschule, haben die vergangenen zehn Jahre gezeigt, dass unter anderem „die zunehmende Komplexität der Einsatzbedingungen und die rasant zunehmende Digitalisierung modernste Ausbildungsstruktur benötigt“. Feldjäger-Ausbildung dauert drei Jahre: Die Ausbildung zum Feldjägern dauert drei Jahre, hinzu kommen spätere Spezialisierungen. Einen Teil demonstrierten die Militärpolizisten am Donnerstag bei einer Leistungsschau: Die Personenschützer zeigten, wie sie einen Mandatsträger mit dem Auto vor Verfolgern in Sicherheit und vor Beschuss schützen. Darüber hinaus verschafften sich die Soldaten in einem fiktiven Auslandsszenario Zutritt zum Haus eines Terroristen und nahmen diesen fest. Die Motorradfahrer der Ehreneskorte, die in Berlin bei Staatsempfängen involviert ist, fuhr mit sieben Maschinen jeweils nur fünf bis 15 Zentimeter Abstand zum Vorder- beziehungsweise Nebenmann. „Die Zeiten von früher sind zum Glück vorbei“, sagt Oberst Ulf Häussler, seit Juni Kommandeur des Kommandos Feldjäger und damit Chef aller Militärpolizisten der Bundeswehr. Gemeint sind damit unter anderem das Klischee des Abholens von Wehrdienstverweigerern oder das Beenden von Prügeleien zwischen betrunkenen Soldaten. Heutzutage liegen die Kernaufgaben der Feldjäger woanders: „Im Auslandseinsatz ist der Personenschutz ein klassisches Beispiel“, sagt der 53-Jährige. In Afghanistan, Mali und im Kosovo schützen die Militärpolizisten entsprechende Mandatsträger. „Enorm gewachsene Anforderungen“: Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein, Namensgeber der Kaserne, war selbst Feldjäger im Personenschutz. Der 31-Jährige und ein Kamerad starben im Mai 2011 in Afghanistan bei einem Anschlag, die Schutzperson überlebte schwer verletzt. Die Umbenennung der Emmich-Cambrai-Kaserne zu Lagensteins Ehren im März 2018 war gleichzeitig das erste Mal, dass eine Liegenschaft nach einem gefallenen Soldaten der Bundeswehr benannt wurde. Eine weitere Auslandsaufgabe sind sogenannte Zugriffsdurchsuchungen zur Festnahme von Verdächtigen und der anschließenden Beweissicherung. Darüber hinaus verfügen die Militärpolizisten über 96 Diensthunde, die auf Sprengstoff und Rauschgift spezialisiert sind. Letztere werden etwa in Mali eingesetzt, um die dortigen Drogenrouten zu stören. Häussler: „Die hohe Qualität der Feldjägertruppe ist trotz der enorm gewachsenen Anforderungen unverändert.“ Alte Aufgaben werden wieder wichtiger: Doch auch wenn die alten Zeiten ausgedient haben, kommt ein Klassiker zurück: das Absichern und Begleiten militärischer Konvois durch Deutschland. Laut Häussler nahm diese Aufgabe in den vergangenen Jahrzehnten im Schatten der Auslandseinsätze zwar ab, „wird jetzt aber wieder wichtiger“. Die Gründe sind die häufigeren Übungen in Osteuropa sowie die Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Abgesehen davon sind Feldjäger involviert, wenn in Deutschland Unfälle mit Bundeswehrbeteiligung passieren – etwa der Eurofighter-Absturz im Juni dieses Jahres. Häussler: „Wir stellen sicher, dass die Bevölkerung geschützt und dass ermittelt werden kann.“ Nur bei einer Sache ist die Einheit raus: Straftaten. Das ist Aufgabe der Polizei. Deshalb waren die Feldjäger auch bloß unterstützend tätig, als 2017 bei einem Soldaten der Feldjägerschule mehrere Tausend Schuss Munition aus dem Schießkino im eigenen Spind entdeckt wurden. Hannover ist Hauptstadt der Feldjäger: Das zehnjährige Jubiläum der Schule war auch für Oberst Häussler eine kleine Besonderheit: Der gebürtige Stuttgarter wurde noch am alten Standort in Sonthofen (Bayern) ausgebildet. Nun ist er für die Schule in Hannover zuständig und von der Scharnhorst-Kaserne in Bothfeld aus Chef aller 1800 Feldjäger der Bundeswehr. Auf die Frage, welche der beiden Städte besser ist, antwortet er diplomatisch mit einem Grinsen: „Wenn man Berge mag, ist Sonthofen sehr schön.“ Von Peer Hellerling