Koalitionskrach im Rat Hannovers: Streit zwischen SPD und Grünen bringt Bündnis in Not

Krach bei Telefonkonferenzen, durchgesickerte E-Mails, Beschimpfungen in Whatsapp-Chats – zwischen SPD und Grünen, Bündnispartner im Rat, ist ein heftiger Streit ausgebrochen. Anlass sind Forderungen, die die SPD-Ratsfraktion zusammen mit der Parteispitze öffentlichkeitswirksam verkündet hatte, ohne sie zuvor mit den Grünen und der FDP, ebenfalls Partner im Bündnis, abzusprechen. Die Grünen haben die Anträge der Genossen jetzt kassiert. „Es freut mich sehr, endlich mal einen Antrag der SPD abzulehnen, (ich) finde, das sollten wir häufiger machen“ heißt es in einer internen E-Mail der Grünen Ratsfraktion, die zufällig in die Hände der SPD geraten ist. „Wir haben noch andere Machtoptionen“: Der Unmut in beiden Parteien ist groß, der Bestand des Bündnisses mitten in der Corona-Krise gefährdet. „Wir haben noch andere Machtoptionen“, heißt es drohend aus den Reihen der Sozialdemokraten. Tatsächlich könnte die SPD mit der CDU eine Mehrheit bilden, die Grünen aber hätten auch in einem Jamaika-Bündnis mit CDU und FDP nicht genug Stimmen. Lesen Sie auch: Der Kommentar: Grüne und SPD tauschen die Rollen Drei Forderungen haben die Sozialdemokraten in den vergangenen Wochen auf den Tisch gelegt. Zum einen wollten sie einen Härtefallfonds über 3 Millionen Euro für Geringverdiener einrichten, die durch die Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Um dem Wunsch mehr Nachdruck zu verleihen, holten sich die Genossen Unterstützung von Gewerkschaftsvertretern. Zum anderen kam die SPD auf die Idee, ein Hilfspaket mit einem Volumen von 300.000 Euro für Sportvereine zu schnüren. Jüngste Forderung war die nach einem Fonds über 750.000 Euro für Hilfsdienste wie Johanniter, Malteser und Deutsches Rotes Kreuz. Grüne: OB Onay soll vorgeführt werden: Die Grünen werfen ihrem Partner jetzt vor, sich mit unabgestimmten Ideen profilieren zu wollen. Vor allem das gemeinsame Vorgehen von SPD und Gewerkschaften nehmen die Grünen dem langjährigen Bündnispartner übel. „Damit soll der Grünen-Oberbürgermeister Belit Onay vorgeführt werden“, heißt es aus der Grünen-Ratsfraktion. Auch der Ruf nach einem Hilfsfonds für Sportvereine ist den Grünen zu voreilig. Woher das Geld für die Vereine kommen soll, bleibe unklar, meinen sie. SPD: Kaum eine Idee vom OB: Den Wunsch nach Hilfspaketen für die Hilfsdienste lehnen die Grünen mit Verweis auf Bund und Land ab. „Die Zeit für Soforthilfe ist vorbei. Wir brauchen umfassendere Ansätze, um Vereine und Organisationen zu stützen“, sagt Grünen-Fraktionschefin Freya Markowis. Immer neue, aus der Hüfte geschossene Forderungen verunsicherten die Bürger und verzögerten bereits beschlossene Hilfen. So ähnlich steht das auch in einem Mitgliederbrief der Grünen, veröffentlicht auf der Website der Ökopartei – aus Sicht der SPD ein weiterer Affront. Die Genossen argwöhnen, dass die Grünen ihre Anträge blockieren, damit die Grün geführte Stadtverwaltung Zeit findet, eigene Vorschläge zu entwickeln. „Von Onay kommt bisher kaum eine Idee“, sagt ein Sozialdemokrat. Bemühen um Dialog: Offiziell gibt sich die SPD-Spitze gelassen und staatstragend. „Als hannoversche SPD werden wir uns weiter intensiv für die Menschen unserer Stadt einsetzen, denn sie haben engagierte Parteien verdient, die ihre Sorgen ernst nehmen und sich politisch darum kümmern“, teilt Parteichef Adis Ahmetovic mit. Das bedeutet, dass die SPD ihre Forderungen nicht zurückziehen werde. Zugleich betont er: „Alle demokratischen Kräfte sollten jetzt an einem Strang ziehen.“ Die SPD setze auf fairen Umgang und konstruktiven Dialog mit den Bündnispartnern. Am Ende wird es darum gehen, Kompromisse auszuhandeln. Für den späten Dienstagabend haben die Bündnispartner ein Krisengespräch angesetzt. Die FDP soll vermitteln. „In einer Ehe gibt es hin und wieder Zoff. Wir kriegen das in den Griff“, meint FDP-Fraktionschef Wilfried Engelke. Lesen Sie auch: CDU und Grüne kritisieren SPD-Forderung nach Hilfen für Sportvereine SPD will Hilfsdiensten unter die Arme greifen Von Andreas Schinkel