Landgericht Hannover verurteilt Fußballtrainer Andreas W. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu knapp sechs Jahren Haft

Der Fußballtrainer Andreas W. ist am Mittwoch vom Landgericht Hannover wegen 38 Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Laut dem Urteilsspruch der 1. Großen Jugendkammer unter Vorsitz von Stefan Lücke missbrauchte der 52-Jährige in den Jahren 2018 und 2019 acht Jungen, von denen ihm einige als Schutzbefohlene anvertraut waren. W. war beim TuS Seelze als Trainer und an der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Ronnenberg als Leiter einer Fußball-AG sowie Berufseinstiegsbegleiter tätig. Staatsanwalt Michael Wagner hatte für W. eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren und drei Monaten gefordert, Verteidigerin Louisa Krämer für eine Haftstrafe nicht höher als fünf Jahre plädiert. Geschenke als Belohnung: Die meisten Taten spielten sich in einem Hotel in Bornum ab. Ein von W. erdachter Manager namens Armin kommunizierte per Handy und WhatsApp-Nachrichten mit den Jungen, die von einer Fußballerkarriere träumten, und lockte sie in die rezeptionslose Unterkunft. Im Hotelzimmer kam es dann wiederholt zu den sexuellen Übergriffen, von denen Massagen noch die harmlosesten waren. Einige Opfer wurden von ihrem Fußballlehrer mit kleineren Geldbeträgen oder Sportschuhen bedacht. Sechs der acht geschädigten Jungen, die zur Tatzeit zwischen 13 und 17 Jahre alt waren, überstanden die Taten laut den Erkenntnissen des Gerichts ohne aktuell feststellbare Folgen. Bei zwei Opfern ist dies anders. Ein Jugendlicher, der in Seelze Fußball spielte, leidet nun unter Schlaf- sowie Konzentrationsstörungen und hat bereits mehrere psychotherapeutische Sitzungen hinter sich. Noch härter traf es einen zur Tatzeit 13-jährigen Schüler: Er hat seit dem Missbrauch durch seinen Fußballlehrer fünf Kilo abgenommen und leidet unter Schlaf- und Essstörungen. Der Junge befindet sich derzeit in therapeutischer Behandlung, nimmt Antidepressiva und will die Schule wechseln, weil er von Mitschülern gemobbt wird. Täter hat alles verloren: Die Kammer wertete das umfassende Geständnis des Angeklagten als strafmildernd. Damit seien den Opfern peinliche Aussagen zu den Vorgängen in Hotel oder Umkleidekabinen erspart geblieben, sagte der Vorsitzende Richter. Auch habe man bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass der 52-Jährige seit Juni 2019 erheblich unter den Bedingungen der U-Haft leidet und sich als „Kinderschänder“ aus Angst vor Übergriffen von Mithäftlingen nicht aus der Zelle wagt. Zudem hätten sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe Frau und Sohn von dem bislang nicht vorbestraften Sexualstraftäter abgewandt. Der gesundheitlich angeschlagene Fußballtrainer, so Richter Lücke, büße nun selbst in starkem Maße für die Taten, die ihn „fassungslos“ gemacht hätten – was W.s Motive für die sexuellen Übergriffe waren, habe die Kammer aber nicht restlos aufklären können. Der Prozess dauerte lediglich drei Verhandlungstage, die Öffentlichkeit war nur zu Anklageverlesung und Urteilsverkündung zugelassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Lesen Sie auch: Anklage ging ursprünglich von 42 Missbrauchsfällen aus Festnahme vor Ronnenberger Einkaufsmarkt Von Michael Zgoll