Leibniz-Universität Hannover: Zentrum um Sascha Fahl erforscht Datenschutz und Cybersicherheit

Hacker legen Krankenhäuser und Fabriken lahm, dringen in Behördenrechner ein. Das ist längst kein erschreckendes Zukunftsszenario mehr. „Je mehr Digitalisierung, desto größer ist die Angriffsfläche für Missbrauch“, konstatiert Sascha Fahl. Der junge Professor trägt beim Treffen vor der Leibniz-Uni schnörkellos Anorak, Jeans und Kapuzenpulli, in der Hand hält er einen Thermobecher Kaffee. Optisch sticht Fahl unter den umstehenden Studenten nicht heraus. Dabei erforscht der Informatiker bereits seit Jahren, wie sich Informationstechnik so verbessern lässt, dass auch Nicht-Nerds sicher damit umgehen. Und er will die Forschung in Hannover kräftig vorantreiben. Meist sind die sorglosen Nutzer vom Kind bis zum Senior gar nicht für die größten Sicherheitslücken verantwortlich, hat der Professor für IT-Sicherheit festgestellt. „Viele Probleme haben wir deshalb, weil Softwareentwickler oder Systembetreiber vorher Fehler machen“, sagt er. Fahl spürt solchen Schwachstellen in der Kette vom Anbieter bis zum Endkunden nach. Dazu hat er auch schon Programmierer in ein Labor gesetzt und beim Arbeiten beobachtet. Softwareentwickler machen Fehler: Das Ergebnis ist auch für Laien erstaunlich. Die Profis sollten in dem Versuch eine Software schreiben. Wenn es dabei hakte, suchten sie wie jedermann im Internet nach einer Lösung. Die Entwickler verschwendeten keinen Gedanken daran, dass sie mit den hilfreichen Tipps unbemerkt oft Schwachstellen und damit Einfallstore für Angreifer einbauten. Fahl erstaunt das inzwischen nicht mehr. „Mit Glück haben Softwareentwickler Informatik studiert, aber keine IT-Sicherheit.“ Wie groß das Thema Cybersicherheit ist, haben Bund und Land erkannt. Seit Jahresanfang arbeitet Fahl als Professor parallel an der Leibniz-Uni und am Zentrum für Informationssicherheit in der Helmholtz-Gemeinschaft (CISPA) und baut dafür einen Standort in Hannover auf. Gerade bezieht der 36-Jährige mit seinen Doktoranden Räume in der Langen Laube. Vier von neun sind Frauen, eine hohe Quote in der männerdominierten Informatik. Die Leitung für eine zweite Forschungsgruppe für Industriesicherheit ist ausgeschrieben, weiterer Zuwachs ist geplant. Das CISPA in Saarbrücken entstand erst 2017. Mittlerweile hat sich das Zentrum mit seinen Veröffentlichungen zur Cybersicherheit weltweit an die Spitze gearbeitet und renommierte Hochschulen wie Stanford hinter sich gelassen. Aktuell forschen 24 Gruppen am CISPA, bis 2027 sollen es 60 bis 70 Teams in Saarbrücken und Hannover werden. Land gibt 10 Millionen Euro für Cybersicherheit: Der große Unterschied zur universitären Forschung, die oft in befristeten Projekten läuft: Helmholtz- und Max-Planck-Einrichtungen bekommen vom Bund dauerhaft und großzügig Geld. „Das ist für Spitzenforscher weltweit sehr attraktiv“, sagt Fahl. Die Leibniz-Uni hat in ihrem Forschungszentrum L3S selbst einen Schwerpunkt zu künstlicher Intelligenz und Digitalisierung und kooperiert mit dem CISPA. Bei der Bewerbung für die nächste Exzellenzinitiative könnte das helfen. Das Land Niedersachsen unterstützt die Forschungseinrichtung in Hannover in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt 10 Millionen Euro. Fahl selbst konzentriert sich in seiner Arbeit auf verhaltensorientierte Sicherheit, genau wie seine Frau Yasemin Acar, die am Max-Planck-Institut für Cybersicherheit und Schutz der Privatsphäre in Bochum forscht. „Wir arbeiten und publizieren zusammen“, sagt der junge Professor, der im Studium ein Social-Media-Start-up gründete und einige Zeit bei Google im Sicherheitsteam für den Chrome Browser arbeitete. In der gemeinsamen Wohnung in Limmer drehen sich die Gespräche des Paares oft lange um die Arbeitsthemen. Wie lassen sich Laien dazu bringen, ihre Daten zu sichern, statt sie Anbietern zu überlassen? Warum lässt sich der Umgang mit Passwörtern nicht technisch erleichtern? „Inzwischen haben viele Menschen rund 50 Accounts und sollen sich für alle komplizierte Schlüssel ausdenken und merken.“ Man merkt, zufrieden ist Fahl damit nicht. Von Bärbel Hilbig