Leserforum: Das meinen HAZ-Leser zum Sturm auf das US-Kapitol

Proteste aufgebrachter Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump in der Hauptstadt Washington sind am 6. Januar eskaliert und haben für Chaos und Gewalt im politischen Zentrum der USA gesorgt. Nach einer einheizenden Rede des Republikaners marschierten Trump-Unterstützer vor dem Kapitol auf, dem Sitz des US-Parlaments, um gegen die Zertifizierung der Präsidentschaftswahlergebnisse zu protestieren. Randalierer erstürmten das Kongressgebäude. Die beiden Kongresskammern mussten ihre Sitzungen abrupt unterbrechen, Parlamentssäle wurden geräumt, Abgeordnete in Sicherheit gebracht. Das meinen HAZ-Leser: Leser Burghard Gieseler: Spaltung auch in Deutschland: Die Artikel zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar greifen in ihrer Analyse zu kurz, wenn sie sich einseitig auf die Person Donald Trumps fokussieren. Zweifellos war sein Verhalten nicht nur an diesem Tag abstoßend, undemokratisch und im höchsten Maße verantwortungslos, zweifellos hat er die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben wie kein anderer. Aber er war nicht Ursache dieser Spaltung, sondern ihr Symptom. Denn niemals wäre solch ein Mann Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika geworden, wenn es die gesellschaftliche Spaltung nicht schon vorher gegeben hätte. Die Meinungsführer in Politik und Medien hatten sich einseitig auf ein urbanes, linksorientiertes Milieu ausgerichtet und dabei die Lebenswirklichkeit weiter Bevölkerungsteile aus dem Auge verloren. Es wäre naiv zu glauben, dass die dadurch entstandene Spaltung mit dem Ausscheiden Trumps aus dem Amt überwunden wäre. Es ist auch eine verengte Sichtweise, wenn in den Artikeln der Eindruck erweckt wird, die Spaltung der Gesellschaft sei ein rein amerikanisches Phänomen. Vielmehr können wir in der gesamten westlichen Welt – und natürlich auch in Deutschland – beobachten, dass Politik und Medien den Dialog mit Andersdenkenden verweigern, was auch bei uns zu einer zunehmenden Spaltung führt, die, zu Ende gedacht, in einem Auseinanderbrechen der Gesellschaft münden könnte. Solange wir nicht bereit sind, aufeinander zuzugehen und Brücken zu bauen, gehen wir den verhängnisvollen Weg der Spaltung. Burghard Gieseler, Oldenburg Lesen Sie auch: Ein Anschlag auf Amerikas Herzkammer Leser Andreas Möllery: Trump hat jahrelang angestachelt: Die Aufregung scheint geheuchelt und gießt Wasser auf die Mühlen der Diktatoren aus China, Russland und Weißrussland. Was war denn hier so verwunderlich? Trump hat seit seiner Amtsübergabe nichts anderes gemacht, als die Demokratie zu schädigen. Jahre des Faschismus in Amerika haben nicht zum Umdenken im Rest der demokratischen Welt geführt, obwohl Trump die rechtsradikalen Proud Boys immer wieder angestachelt hat. Regelmäßig wurde die Angst vor einem Bürgerkrieg von allen möglichen Leuten geäußert. Hoffentlich erfolgt dann mal ein Umdenken, dass die demokratischen Institutionen zu schützen sind vor Despoten, Chaoten, Faschisten. Das erwarte ich von meiner Demokratie. Diejenigen, die ich gewählt habe, sind so zu schützen, dass so etwas nicht in Amerika und auch nicht in Deutschland geschieht. Die „Reichstagsstürmung“ hatte keine Toten zur Folge. Das hängt wahrscheinlich mit der geringeren Bereitschaft zum Schießen in Deutschland zusammen. Fürchterlich für die Demokratie war es aber genauso. Es bleibt zu hoffen, dass unsere netten Wohlfühldemokraten langsam erkennen, dass die Demokratie auf wackeligen Füßen steht und sich verteidigen muss. Andreas Möllery, Gehrden Lesen Sie auch: Trump spricht vor Anhängern und appelliert erneut an Pence Veröffentlichungen in dieser Rubrik sind keine redaktionelle Meinungsäußerung. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Bei allen Einsendungen bitten wir um Angabe der vollständigen Absenderadresse. Wollen auch Sie uns Ihre Meinung mitteilen? Dann schreiben Sie uns auf diesem Weg. Leser Michael Mehler: Das US-Rechts- und Wahlsystem ist zum Weinen: Bei allem Entsetzen über die chaotischen Stunden vorm und im Kapitol, dem Zentrum der amerikanischen Demokratie, ist die einzige „gute Nachricht“ die, dass keine Schwarzen, keine Latinos oder gar Muslime an den Angriffen beteiligt waren! Man muss kein Pessimist sein, um zu befürchten, dass dann nicht vier, sondern 4000 Angreifer getötet worden wären. Schwarze wären lebend nicht die erste Stufe hochgekommen. Den Wikileaks-Gründer Julian Assange erwarten in den USA 175 Jahre Gefängnis wegen der Veröffentlichungen von US-amerikanischen Kriegsverbrechen. Über das amerikanische Rechts- und Wahlsystem könnte man lachen, wenn es nicht so peinlich und zum Weinen wäre. Michael Mehler, Langenhagen Leser Frank Püschel: Absicherung ist begründet: Die deutsche Politik will nach den Ereignissen in den USA nun aufwendig und kostspielig den Deutschen Bundestag im Reichstagsgebäude in Berlin absichern lassen. Nach meiner langjährigen Erkenntnis hat sie auch allen Grund dazu. Frank Püschel, Hannover Lesen Sie auch: Sturm aufs Kapitol: Kramp-Karrenbauer hält Bannmeile um Bundestag für berechtigt Von HAZ