Mit der Kampagne „Hannover sauber!“ möchte Hannovers Ordnungsdezernent und Kämmerer Axel von der Ohe die Stadt sauberer machen. Das in Zusammenarbeit mit Aha erarbeitete Sauberkeitskonzept setzt auf die Verstärkung von Reinigungspersonal und Abfallfahndung, eine verbesserte Zusammenarbeit mit dem städtischen Ordnungsdienst, eine neue App zur Meldung von Müll und eine Sensibilisierung der Bevölkerung für den achtlosen Umgang mit Müll. Beim HAZ-Forum stellte er die Pläne den HAZ-Lesern vor und diskutierte anschließend mit Aha-Geschäftsführer Thomas Schwarz, dem Betreiber des Loseladens Michael Albert und Stefanie Eichel von der Veranstaltungsagentur eichels Event über Bußgeldkataloge, Pfandsysteme und ein neues Bewusstsein für Müllproduktion und Müllvermeiung.
HAZ-Lokalchef Heiko Randermann fragte den Dezernenten, wie die Verbesserung bei der Abfallfahndung konkret aussehen soll. „Die Abfallfahndung wird personell erheblich aufgestockt. Wir haben künftig mehr Mitarbeiter, die auch den wilden Müll auf dem Schirm haben“, sagte von der Ohe. Die Verwaltung wisse viel über Plätze, an denen wilder Müll illegal abgeladen wird. „Da werden wir künftig genau hinschauen.“ Für die neue Gründlichkeit werde auch mehr Geld in die Hand genommen. „Wir haben bisher etwa eine Million Euro für die Müllentsorgung pro Jahr ausgegeben. Wir legen nun etwa 1,2 Million Euro drauf“, sagte von der Ohe. Mit Geld allein sei das Problem des wilden Mülls aber nicht langfristig zu lösen. „Wir arbeiten darum langfristig am Bewusstsein für Müllvermeidung in der Gesellschaft. Denn es ist Geld, das wir woanders nicht einsetzen können", sagte von der Ohe. Für ihn hängen Sicherheitsempfinden und Ordnung zusammen.
Aha-Geschäftsführer Thomas Schwarz hatte zum Forum eine Karte der Einsatzgebiet mitgebracht. Illegale Müllentsorgungen gebe es demnach fast überall. Auch in Döhren zum Beispiel gelte das Prinzip: „Kofferraum auf und raus". Bei den Müllverursachern macht Schwarz vor allem junge Bewohner aus. „Es sind oft 13- bis 25-Jährige, die locker-flockig drauf sind und die wenig von autoritärer Ansprache halten“, sagte Schwarz. „Mit der Pubertät scheint eine soziale Dysfunktion einzusetzen.“ Daher setzt er bei der Vermittlung von Müllvermeidung besonders an den Schulen sinnvoll. Schwarz machte aber auch eine grundsätzliche zunehmende Achtlosigkeit aus. „Es sind die kleinen Dinge, mit denen es losgeht. Die Zigarettenkippe, die weggeschnippt wird, der Kaugummi“, sagte der Aha-Geschäftsführer. „Wir haben uns als Aha bisher auf die großen Müllberge konzentriert. Mit mehr Leuten können wir nun genauer hinschauen."
Um mehr Bewusstsein für Müllvermeidung warben auch Michael Albert vom Loseladen und Stefanie Eichel von der Veranstaltungsagentur eichels Event. Albert schlug vor, die Entsorgung von Kunststoffen im Produktpreis abzubilden. „Die Produzenten würden sich dann überlegen, ob sie auch solche Kosten tragen wollen - und suchen nach Alternativen zu Mikroplastik zum Beispiel.“ Man sollte auf die Kosten von Müll schon im Vorfeld und während der Produktion einwirken. Stefanie Eichel sprach als Organisatorin von Großveranstaltungen wie den Marathon oder den Triathlon von gesellschaftlicher Verantwortung. „Wir kommunizieren mit allen Partnern und Teilnehmer, dass wir die Strecken sauber halten wollen“, sagte Eichel. „Wir möchten die Gäste unserer Stadt Willkommen heißen." Zudem seien auch junge Leute an einer gesunden Zukunft interessiert. Unter den HAZ-Leser regten auch Mitglieder der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde an, sich gesellschaftlich zu engagieren. Die Gemeinde sammelt seit Jahren am Neujahrstag den Müll der Feiernden auf. „Wir möchten so Verantwortung übernehmen“, sagt Imam Basìl Bhatti.
Die HAZ-Leser fragten im Anschluss nach Bußgeldhöhen. Von der Ohe appellierte alle Maßnahmen gemeinsam zu denken. „Wir werden das Thema Sauberkeit nicht über Bußgelder allein lösen können. Es ist nur ein Instrument.“
Lesen Sie hier den Live-Ticker des Abends
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Heiko Randermann beschließt die Runde. Die HAZ werde die Kampagne weiterhin begleiten. Das Publikum spendet Applaus. Damit beenden wir auch den Ticker. Vielen Dank für das Interesse.
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Michael Albert vom Loseladen kommt nochmal auf das Bewusstsein zu sprechen. "Ich bin überzeugt, dass das Bewusstsein für Müllvermeidung zunimmt." Das Thema sei öffentlich sehr präsent. Viele Schüler seien schon jetzt hochmotiviert. "Diese Schüler sind die Gesetzgeber von morgen!"
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Stefanie Eichel wünscht sich für 2019, dass sich die Menschen in Hannover noch wohler fühlen. Ihr Team möchte sich einbringen und vielen Menschen ein sauberes Hannover präsentieren.
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Herr von der Ohe: "Ich nehme wahr, dass es eine Bereitschaft gibt, mitzuwirken. Das sollten wir fortführen."
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Es geht in die Schlussrunde. Moderator Heiko Randermann fragt nach den Zielen für die Kampagne in einem Jahr. Herr Schwarz wünscht sich, dass wir insgesamt positiver denken. "Es gibt hier Problemzonen. Wir sollten uns nicht zu schlecht machen."
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Abschließend wird noch einmal ein grundlegendes Pfandsystem diskutiert. Wenn man für eine Flasche Bier zwei Euro Pfand nehmen könnte, gibt es vermutlich weniger Flaschen im öffentlichen Raum. "Aber uns fehlt dieses Instrument", sagt von der Ohe. "Lassen Sie uns erstmal den ersten Schritt gehen und Erfahrungen sammeln. Wir werden das Thema Sauberkeit nicht über Bußgelder allein lösen können. Es ist nur ein Instrument."
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Thomas Schwarz spricht nochmal über die Vermittlung von Müllvermeidung in Schulen an. In den Grundschulen sei diese Vermittlung Thema über den Lehrplan. Man sollte aber auch die älteren Schüler immer wieder sensibilisieren, zum Beispiel über Projektwochen.
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Ein HAZ-Leser hat noch einen Vorschlag: er möchte besser Mülltrennung vor Flüchtlingseinrichtungen. "Warum führt man nicht gleich in unser System ein?", fragt er. Herr von der Ohe: Dort, wo viele Menschen wohnen, sollten man gezielt nochmal kommunizieren und sensibilisieren.
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Auf dem Podium geht's nochmal um Verbote und die Ebene der Verbraucher. Herr von der Ohe: "Wenn wir bei der Produktion ansetzen könnten, würden sich viele Fragen nicht stellen. Auf der kommunalen Ebene können wir aber nicht solche Gesetze machen. Da können wir sagen: das finden wir ärgerlich. Aber wir wollen dort anfangen, wo wir etwas tun können. Wie können wir zur Müllvermeidung beitragen?" Von der Ohe spricht über den Hannoccino-Becher. "Der Becher führt dazu, dass deutlich weniger Wegwerfbecher benutzt werden. Wir können unser eigenes Verhalten verbessern!"
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Michael Albert vom Loseladen fordert von der Politik Engagement gegen Mikroplastik. "Wir riechen es nicht, wir schmecken es nicht." Man könne auf Mikroplastik grundsätzlich verzichten. "Es ist hochgradig ungesund und giftig." Er fragt, warum Schwimmflügel so stinken? "Es sind Giftausdünstungen." Ein Verbot sei natürlich drastisch. "Aber man muss die Hersteller in die Pflicht nehmen!"
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Aha-Geschäftsführer Thomas Schwarz begrüßt grundsätzlich den Vorschlag, die Entsorgungskosten bei der Produktion von Produkten zu berücksichtigen. Man müsse nur entscheiden, was wirklich sinnvolles Recycling ist.
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Stefanie Eichel von eichels Event geht's auch um das Bewusstsein für Müllvermeidung. "Wir sollten Vorbilder sein. Wir sollten wieder mehr auf uns achten und uns mehr bemühen." Auch junge Leute seien an einer gesunden Zukunft interessiert.
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Leser mischen sich über Facebook in die Diskussion ein und fordern ein neues Bewusstsein. Michael Albert vom Loseladen fordert eine Einpreisung von der Entsorgung von Kunststoffen. "Die Produzenten würden sich dann überlegen, ob sie auch solche Kosten tragen wollen - und suchen nach Alternativen." Man sollte auf die Kosten von Müll schon im Vorfeld und während der Produktion einwirken.
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Herr von der Ohe geht nochmal die unterschiedlichen Zuständigkeiten ein. "Beim Thema Sauberkeit müssen wir an einem Strang ziehen. Wir wollen auch eine konsequente Ahndung und Sanktionen und zum Beispiel auch mit der Region gemeinsame Standards formulieren."
Von Jan Sedelies