„Lüttje Lage“: Dem Detektiv auf der Spur

Im Lindener Supermarkt meines Vertrauens arbeitet ein Ladendetektiv. Es hat lange gedauert, bis ich den Privatsheriff als solchen ausgemacht hatte. Damals stellte er einen Langfinger, der sich mit seinem Diebesgut an der Kasse vorbeimogeln wollte. Aufgefallen war mir der Mann schon bei etlichen Einkäufen zuvor. Er ist einer der wenigen Menschen, die den Markt im Anzug betreten – im Gegensatz zum Otto-Normal-Lindener. Seit ich um seine Aufgabe weiß, ist nichts mehr wie vorher. Ich kann nicht anders, als den Ladendetektiv bei seiner Arbeit zu verfolgen. Ist er im Dienst und ich im Markt, werde ich Ladendetektiv-Detektiv. Sein Vorgehen ist faszinierend: Mit einem Einkaufskorb stromert der Mann durch die Gänge. Dabei scheint er vorzugeben, auf der Suche nach einem Produkt zu sein. Mal studiert die Verpackungen von Puderzucker und bunten Streuseln, bis er lustlos Trockenhefe in seinen Korb schmeißt. Nächste Station: Die Fischtruhe. Er begutachtet Makrelenfilets und Garnelen in Kräuterbutter, bevor er sich für Lachs entscheidet. Das geht eine Weile so weiter, dann geht er zur Kasse. Er reiht sich ein, dabei schweift sein Blick den Markt – und plötzlich bricht er aus der Schlange aus. Und jetzt kommt‘s: Der Ladendetektiv sortiert seinen Einkauf wieder in die Regale ein und beginnt von vorn, nur mit anderen Artikeln. Ich habe viele Fragen an diesen Supermark-Sisyphus. Etwa: Wie behält er mögliche Diebe im Auge, wenn er die ganze Zeit mit Shopping beschäftigt ist? Ist er dafür verantwortlich, dass alle Nase lang das Sortiment neu angeordnet wird, damit die Arbeit nicht zu langweilig wird? Schließlich habe ich es nicht mehr ausgehalten und den Mann angesprochen. Ich: „Sorry, können Sie mir sagen, wo ich die Currypaste finde?“ Er, erst erschrocken, dann brüsk: „Sehe ich aus, als ob ich hier arbeite?“ Lüttje Lage: Hier finden Sie weitere lustige Texte aus unserer Serie Von Manuel Behrens