Lüttje Lage: Warum gerade jetzt?

Erst gestern passierte es wieder. Ich sitze am Schreibtisch, will am heimischen Drucker etwas ausdrucken, unter Zeitdruck. Doch das Gerät verweigert seinen Dienst. Warum? Das Papier ist alle. Und ich frage mich, leise vor mich hinfluchend: Warum gerade jetzt? Diese Problematik stellt sich mir, in unschöner Regelmäßigkeit, immer wieder. Ich will drei DIN-A4-Seiten zusammentackern, doch in diesem Moment sind die Heftklammern aufgebraucht. Muss das jetzt sein? Ich sitze im Gerichtssaal und mache mir Notizen, als der Kugelschreiber plötzlich seinen Dienst versagt – aber bitte doch nicht jetzt. Ich führe per Handy ein längeres Telefonat, als der Akku seinen Geist aufgibt. Warum gerade jetzt? Natürlich ist diese Frage müßig. Die Gegenfrage könnte lauten: Warum nicht? Schließlich hätten Papier oder Heftklammern oder Tinte auch schon zwei Stunden früher ihren Dienst versagen können. Oder einen Tag später. Doch hätte es dann besser gepasst? Wann, bitteschön, ist der geeignete Moment, an dem man das Fehlen von Verbrauchsmaterialien aller Art nicht verärgert, sondern nonchalant zur Kenntnis nimmt? Gut organisierte Zeitgenossen haben jetzt sicher einen gut gemeinten Ratschlag parat: dass es doch schlau wäre, seine Bürobestände stetig zu überprüfen. Häufiger mal einen Blick ins Papierfach des Druckers oder ins Klammerreservoir des Hefters zu werfen. Doch diese ständigen Kontrollen, ich weiß es genau, wären mir mindestens ebenso lästig wie der abrupte Stopp des Nachschubs. Nein, ich versuche künftig einen anderen Weg zu gehen. Will auch bei solch kleinen Kümmernissen des Alltags positiv denken. Das heißt? Jedes Mal, wenn der Drucker gedruckt, der Hefter geheftet und der Kugelschreiber geschrieben hat, werde ich mir sagen: Wie schön, dass das geklappt hat. Gerade jetzt. Und wenn es mal nicht funktioniert – ist’s halt nur die Ausnahme von der Regel. Lüttje Lage: Hier finden Sie weitere lustige Texte aus unserer Serie Von Michael Zgoll