Neue Führungskräfte im Rathaus: Dieser Mann soll Hannovers Verwaltung bürgerfreundlicher machen

Eigentlich könnte er so weitermachen wie bisher, ohne allzu viele Unwägbarkeiten, ohne die Möglichkeit des großen Scheiterns, aber Lars Baumann hat sich anders entschieden. Seit zehn Jahren lehrt Prof. Baumann Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Hannover, nebenbei betreibt er eine Beratungsfirma mit einer Handvoll Mitarbeitern. Jetzt will sich der 49-Jährige um das Personalwesen einer Verwaltung mit 11.000 Mitarbeitern kümmern. Eine Reihe von Problemen erwarten ihn. Der Ruf der Stadtverwaltung Hannover ist angesichts wochenlanger Wartezeiten auf Behördentermine nicht der beste. Aber Baumann bleibt gelassen. „Es macht mir Spaß, Herausforderungen anzunehmen und große Organisationen zu verändern“, sagt er im Gespräch mit der HAZ. Grüne: „Wir sind keine Öko-Nischenpartei mehr“: Baumann ist einer von drei neuen Dezernenten, die Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) Ende September dem Rat zur Wahl stellen wird. Die weiteren Vorschläge sind Thomas Vielhaber, der das Baudezernat übernehmen soll, und Sylvia Bruns, die Sozialdezernentin werden soll. Onay hat sich zuvor mit den Mehrheitsfraktionen im Rat abgestimmt. Vielhaber hat die SPD vorgeschlagen, Bruns die FDP und der Unternehmensberater Baumann kommt von den Grünen. „Wir sind keine Öko-Nischenpartei mehr“, sagt Grünen-Fraktionschefin Freya Markowis selbstbewusst. Baumann ist seit 2014 Mitglied der Grünen. Bereits kurz nach seinem Abitur im Jahr 1990 gründete er eine Computerfirma. Insgesamt seien es zehn Unternehmen gewesen, die er bisher aufgebaut habe, sagt er, in der schnelllebigen IT-Branche nichts Ungewöhnliches. Nicht alle Firmen haben überlebt, manche hat Baumann verkauft, für eine musste er Insolvenz anmelden. Derzeit betreibt er die Beratungsfirma Probusiness. Baumanns Firma berät Deutsche Bahn und Chemiekonzern Altana: Wen Probusiness berät, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Aus dem Umfeld heißt es, Kunden seien etwa die Niedersächsischen Staatstheater, aber auch „Großkonzerne“ beziehungsweise „internationale Konzerne“ in Europa, dem Mittleren Osten sowie auch Afrika. Nach Informationen der HAZ gehören dazu Unternehmen wie die Bahn, der Chemiekonzern Altana, die Deutsche Presse-Agentur, aber auch kleine Unternehmen aus dem Edelsteinhandel in Afrika, Asien und Südamerika. Referenzen nennt Probusiness auf seiner Internetseite nicht. „Strukturen aufbrechen“: Mit seiner unternehmerischen Erfahrung und seinem technischen Sachverstand soll Baumann Hannovers Verwaltung auf Kurs bringen. „Ich werde mir die Stadtverwaltung unvoreingenommen anschauen und sicherlich auf viele engagierte Menschen treffen“, sagt er. Seine Vorstellungen, was verändert werden könnte, sind bereits erstaunlich konkret. „Wir müssen uns anschauen, wo Arbeitsprozesse behindert werden und sich Vorgänge stauen. Da ist es womöglich hilfreich, Silostrukturen aufzubrechen, hierarchische Entscheidungswege zu verkürzen und die Grenzen zwischen Behörden durchlässiger zu gestalten“, sagt Baumann. Mit Silostruktur meint er, dass Aufträge in großen Organisationen oft von mehreren Mitarbeitern hintereinander in einer Kette bewältigt werden. Stockt es an einer Stelle, kommt es zum großen Stau. Baumann plädiert daher für „sich selbst organisierende Teams“. Onay und Baumann wollen „Kulturwandel“ im Rathaus: Zudem will er die Digitalisierung des Rathauses voranbringen. Zu seinem Mitarbeiterstab gehört künftig eine sogenannte Task Force Digitales. „Wir müssen uns fragen, welche Prozesse beschleunigt werden können. Müssen noch immer Akten von A nach B transportiert werden?“, fragt er. Unterm Strich wolle er einen „Kulturwandel“ in der Verwaltung befördern, damit die Arbeit schneller und besser laufe. „Damit erhöht sich auch die Zufriedenheit der Bürger“, sagt Baumann. Das scheinen keine Schnellschüsse eines hemdsärmeligen Unternehmensberaters zu sein, sondern von der Rathausspitze gesetzte Ziele. OB Onay sagt bei der offiziellen Vorstellung der Personalvorschläge am Freitag: „Baumann soll das ,Digitale Rathaus‘ voranbringen. Er soll agile Verwaltungsstrukturen stärken und ausbauen.“ Revolution von oben also. FDP jubelt: Da ist es wenig überraschend, dass insbesondere vonseiten der FDP viel Lob für den künftigen Personaldezernenten kommt. „Der Vorschlag hätte auch von uns kommen können“, heißt es hinter vorgehaltener Hand bei den Liberalen. Sie haben mit der Landtagsabgeordneten Sylvia Bruns eine engagierte Sozialpolitikerin präsentiert, die umgekehrt auch von den Grünen hätte kommen können. Und so hört man aus den Reihen der Grünen viel Zustimmung für die 51-Jährige. Sie selbst meint: „Ich freue mich auf die Themen und auf das Team bei der Stadt Hannover.“ Lesen Sie auch Drei Dezernenten für Hannover: Neue Führungsmannschaft für das Rathaus steht Von Andreas Schinkel und Karl Doeleke