Palliativpatienten in Corona-Zeiten: Versorgung ist noch gesichert

Die gute Nachricht: Die Versorgung von Palliativpatienten in Hannover ist auch in Corona-Zeiten noch gesichert. Die nicht so gute Nachricht: Es wird schwieriger. Die MHH hat ihre alte Palliativstation geschlossen und eine neue auch für Corona-Patienten eingerichtet. Zudem seien gerade im Umgang mit Palliativpatienten Zeit und Nähe wichtig, sagt Anja Bohlen-Bruchmann vom Ambulanten Palliativdienst des Hospiz Luise – das aber gehe so nicht mehr. „Das ist eine große Herausforderung.“ Aus Italien waren in den letzten Tagen erschreckende Nachrichten zu hören über Menschen, die wegen der angespannten Lage im Gesundheitssystem teils ohne die nötige palliative Versorgung sterben mussten. So weit, versichern hannoversche Mediziner, seien wir nicht. Betten für Corona: Die MHH hat umdisponiert: Die bisherige Palliativstation mit sieben Betten ist geschlossen. Stattdessen wurde eine neue Palliativstation mit 33 Betten eingerichtet, gedacht für Corona- und Nicht-Corona-Patienten (bislang gibt es aber noch keine so schwer kranken Corona-Opfer in der MHH). Von den Patienten wollten manche nicht in die neue Station umziehen, sie sind in Hospize gegangen – und die MHH ist „dankbar, dass sie uns die Patienten abgenommen haben“, wie Sprecher Stefan Zorn sagt. Ansonsten aber bestehe kein Mangel beispielsweise an den nötigen Medikamenten, mit denen man vor allem Schmerzen, Angst und Unruhe bei den Patienten eindämmen könne, sagt Markus Sosada, Leitender Arzt der Palliativstation im Siloah. Zum Teil würden die Präparate in der Krankenhausapotheke selbst hergestellt. Bei Palliativpatienten handelt es sich mehrheitlich um Tumorpatienten. Was sich aber deutlich verändert hat, ist die Besuchsregelung – am 12. März hatte die Region Hannover ein allgemeines Besuchsverbot für Kliniken verhängt. Für Palliativpatienten, die in aller Regel kurz vor dem Tod stehen, gelten Ausnahmen. Allerdings, erläutert Sosada, dürften nur enge Angehörige zu den Kranken. Das mache es nicht leicht. Doch alle, Patienten wie Angehörige, reagierten „bewundernswert“ verständnisvoll. In der Palliativstation im Friederikenstift gilt eine ähnliche Regelung. Aus Gründen des Infektionsschutzes versuche man zudem, die Besuche nicht nur auf enge Angehörige, sondern auch auf einen Besuch nur eines Angehörigen pro Tag zu beschränken, sagt Dunja Rose, Sprecherin des Krankenhausträgers Diakovere. „Da herrscht ganz viel Not“: Im Hospiz Luise, das über acht stationäre Betten verfügt und etwa 40 Patienten ambulant betreut, ist die Lage komplizierter. Das geht, wie Pflegedienstleiterin Maike Dudek erläutert, mit der Schutzkleidung los: Mundschutze, Handschuhe und Kittel bekommt das Haus vom Vinzenzkrankenhaus, und wenn es da eng wird, wird es auch im Hospiz eng. Vor allem aber wird die Einrichtung derzeit mit Anfragen überhäuft: Verzweifelte Menschen, die ihre kranken alten Angehörigen nicht mehr in die Kurzzeitpflege bringen können, weil dort geschlossen ist, rufen an und hoffen auf Hilfe, die das Hospiz nicht leisten kann. „Da herrscht ganz viel Not.“ Die auch innerhalb des Hospizes nötigen Besuchsbeschränkungen auf enge Angehörige „haben hier schon zu Tränen geführt, bei Patienten wie bei Besuchern“, sagt Maike Dudek. Für die Pflegekräfte im Haus gilt auch, dass es schwer ist: „Abstand zu halten verstößt gegen alle unsere Grundsätze.“ Das Hospiz versucht vor allem zu helfen, indem das Personal den Menschen nahe ist. „Beziehungspflege“ nennt man das, Anja Bohlen-Bruchmann vom Ambulanten Luise-Palliativdienst erzählt, sie werden von ihren Kollegen schon gefragt, wie so was denn gehen solle, „mit Abstand und Mundschutz“. 40 ehrenamtliche Helfer mussten vorerst gehen: Bei manchen Patienten reiche ein Telefonat, anderen bräuchten intensivere Hilfen, sagt Bohlen-Bruchmann. Da müsse man dann notgedrungen mit Worten und Lächeln und Gesten beispielsweise eine Umarmung ersetzen. Auch nicht leicht: Das Hospiz hat mehr als 40 ehrenamtliche Helfer, die im Haus und ambulant im Einsatz waren, komplett aus dem Dienstplan genommen. Diese Arbeitsbelastung müssen die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich schultern. Kurt Bliefernicht, Leiter des Hospiz, erzählt, er werden derzeit mehrmals pro Nacht wach vor Sorge. Nicht nur, weil dem Hospiz in diesem Jahr durch abgesagte Veranstaltungen und ausgebliebene Spenden ein Minus von 50.000 bis 70.000 Euro drohe. Noch schlimmer: „Was, wenn wir Covid-19 im Hospiz bekommen?“ Sollte das Personal unter Quarantäne gestellt werden, „müssen wir das Haus schließen.“ Das tägliche HAZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Hannover täglich gegen 6 Uhr im E-Mail-Postfach. Liveticker: Die Lage in Hannover und Niedersachsen im Überblick Aktuelle Zahlen zum Coronavirus in der Region Hannover: So viele Infizierte gibt es HAZ-Expertenforum: Das antworten Mediziner auf Leserfragen zum Virus Alle Artikel zum Coronavirus in der Region auf einen Blick So können Sie Geschäften, Gastronomie und Freiberuflern in der Region Hannover jetzt helfen Hinweis: In einer früheren Fassung dieses Textes hieß es, die MHH habe ihre Palliativstation geschlossen. Diese Angaben hat die MHH inzwischen korrigiert. Von Bert Strebe