Pattensen: So erlangt man das Sportabzeichen beim TSV

Es hat geregnet an diesem Montagnachmittag in Pattensen. Der Rasen auf dem Sportplatz ist noch feucht. Einzelne dunkle Wolken hängen immer noch über dem Gelände des TSV Pattensen an der Schützenallee. Trotzdem treffen immer mehr Menschen auf dem Platz ein. Die meisten kommen aus Pattensen und Umgebung. Ein Mann aus Berlin und eine Familie aus München, die sich gerade im Stadtgebiet aufhalten, trainieren mit. Sie alle haben ein Ziel: das Deutsche Sportabzeichen. Friedrich Weber hilft ihnen dabei, es zu erreichen. Der 81-jährige Sportabzeichen-Obmann des TSV Pattensen ist nicht nur bei seinen eigenen Auszeichnungen ehrgeizig – seit seinem 18. Lebensjahr hat er jedes Jahr das Sportabzeichen gemacht und besitzt mittlerweile 63 Stück. Weber will auch möglichst viele Pattenser dazu motivieren, beim Sportabzeichen mitzumachen. Im vergangenen Jahr haben die zwölf Prüfer des Vereins 464 Sportabzeichen verliehen. Dieses Jahr hofft Weber auf mehr. Noch bis Oktober stehen er und die weiteren Helfer jeden Montagnachmittag auf dem Platz bereit, um Sprungweiten zu messen, Laufzeiten zu nehmen und Springseilsprünge zu zählen. Bisher seien jeden Montag rund 50 Personen gekommen, sagt der 81-Jährige. Familie macht das Sportabzeichen: „Er ruft auch schon mal an, wenn man sich mal ein Jahr noch nicht hat prüfen lassen“, sagt Katja Ahrens. Die Pattenserin hat schon Dutzende Abzeichen gesammelt und ist heute mit Ehemann Jörg und den Töchtern Annike und Jette auf den Sportplatz gekommen. „Die Eltern waren auch schon da“, sagt Weber zu Katja Ahrens. Zählt man die Abzeichen von Katja Ahrens und ihrer Familie, ihrem Bruder samt Familie und ihren Eltern zusammen, hätten sie schon 199 Deutsche Sportabzeichen, sagt Weber später. Er hat nachgezählt. Heute sollen welche dazukommen. Die Familie macht sich bereit und verabschiedet die elfjährige Annika noch schnell zum Schwimmtraining – sie hat schon vorgearbeitet. Für den Rest steht als Erstes die Disziplin Koordination auf dem Plan. Katja und Jette entscheiden sich fürs Seilspringen, alternativ wären etwa auch Weitsprung oder Schleuderball möglich gewesen. Wer das Deutsche Sportabzeichen machen möchte, muss nicht Mitglied in einem Verein sein, sondern kann bei Vereinen vor Ort, wie etwa dem TSV Pattensen, zu festen Zeiten unter der Aufsicht von Prüfern die Prüfungen ablegen. Erwachsene zahlen dafür in Pattensen 3 Euro, für Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre ist es kostenlos. Die Teilnehmer werden in den vier Kategorien Koordination, Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer geprüft und müssen bestimmte Mindestanforderungen für einen Punkt und die Leistungsstufe Bronze erreichen. Wer besser abschneidet, der bekommt Silber (zwei Punkte) oder Gold (drei Punkte). Am Ende werden die Punktzahlen der Einzeldisziplinen addiert. Ab vier Punkten gibt es Bronze, ab acht Silber und ab elf Punkten eine Auszeichnung des Deutschen Sportabzeichens in der Leistungsstufe Gold. Innerhalb der vier Kategorien muss jeweils nur eine Übung absolviert werden. Wer etwa nicht gern läuft, kann im Bereich Ausdauer alternativ auch Schwimmen oder Fahrrad fahren. Mehr Informationen zu den Anforderungen gibt es hier. Seilspringen und Weitsprung beim Sportabzeichen: Die 14-jährige Jette erreicht die nötigen Anforderungen in ihrer Altersklasse gleich in der ersten Runde. Ihre Mutter muss für Bronze im Laufschritt mindestens 40 Sprünge mit dem Springseil schaffen – und verschiebt das Seilspringen noch einmal, weil sie für Silber 60 Sprünge bräuchte und nur knapp daran scheitert. Danach geht es an der Weitsprunggrube weiter. Sowohl Jette als auch ihr Vater wollen für die Kategorie Kraft den Standweitsprung ausprobieren, alternativ wären unter anderem auch Kugelstoßen, Steinstoßen oder Weitwurf möglich gewesen. Hier liefern sich Jette und ihr Vater ein kleines Duell. Am Ende trennen ihre Weiten nur elf Zentimeter, bei beiden reicht es für einen Haken in der Leistungsstufe Gold. Weil er auf das Seilspringen verzichtet hat, absolviert Jörg im Anschluss noch einmal Weitsprung, bevor es weiter an die Station von Horst Fleischer weitergeht. Der 81-jährige lehnt an der Balustrade an der Laufbahn des Schützenplatzes. „Noch zwei Runden“ ruft er einem Mann zu, der gerade für den Bereich Ausdauer einen 3000-Meter-Lauf absolviert und guckt auf seine Stoppuhr. „Sieht gut aus.“ Fleischer und Sportabzeichen-Obmann Weber waren Klassenkameraden, fingen gemeinsam mit Leichtathletik an. Auch Fleischer hat zahlreiche Abzeichen gesammelt. Jetzt lässt er nur noch laufen. Seit mehr als 25 Jahren engagiert er sich als Prüfer. Bei den Ahrens’ wird er heute die Zeit von einem Familienmitglied stoppen. Mutter und Vater haben sich für die Disziplin Ausdauer bereits im Schwimmen prüfen lassen. Jette läuft lieber 800 Meter – und zwar sehr schnell. Vater Jörg, der sie auf der ersten Runde teilweise begleitet, kommt fast nicht hinterher. Er wartet am Rand auf sie, um die 14-Jährige auf dem 100-Meter-Schlusssprint zu begleiten. Als Vater und Tochter die Ziellinie überqueren, stehen auf Fleischers Stoppuhr 2,40 Minuten. „Das ist Bestzeit“, sagt Katja Ahrens. Ihr anschließender Versuch, beim Springseil auch die Leistungsstufe Gold zu erreichen, scheitert. Aber nur vorerst. „Ich komme noch mal wieder“, sagt die 48-Jährige. Noch bis Oktober sind die Prüfer um Fleischer und Weber jeden Montag von 17 bis 19 Uhr da. Lesen Sie auch Sportabzeichen - Schlechtestes Ergebnis für TSV Pattensen seit 2005 Sportabzeichentreff darf wieder öffnen ,Mister Sportabzeichen" Friedrich Weber von Pattensen entdeckt Rekordläufer Von Nadine Wolter