Querdenker-Demo in Hannover: Weit weniger Teilnehmer als geplant

Mehrere Hundert Gegner der Corona-Maßnahmen haben sich am Sonntagnachmittag auf Hannovers Opernplatz versammelt. Das Treffen hatte ursprünglich bereits vor zwei Wochen stattfinden sollen, war dann aber wegen des heftigen Wintereinbruchs abgesagt worden. Die Polizei war mit einem Großaufgebot in der Innenstadt präsent. Der Bereich um den Opernplatz war weiträumig abgesperrt. Die Einsatzleitung der Behörde zählte in der Spitze rund 400 Demonstranten. Kurz vor Schluss mussten die Beamten massiv einschreiten. Eine Kontrolle vor der Bühne war eskaliert. „Omas gegen Rechts“: Staatsfeinde hinter der Hippiefassade: Ursprünglich hatten die Organisatoren mit einer Teilnehmerzahl im vierstelligen Bereich gerechnet. Die Beteiligung an den „Querdenker“-Protesten in Hannover nimmt damit weiterhin ab. Am vergangenen Wochenende hatten die Organisatoren einer ähnlichen Versammlung auf dem Schützenplatz rund 5000 Teilnehmer erwartet – es waren aber nur 1200 gekommen. Auf dem nahe gelegenen Georgsplatz hatten sich am Sonntag rund 50 Gegner der „Querdenker“ versammelt, um der Toten zu gedenken, die die Pandemie bisher in der Region gefordert hat. Zu dem Protest hatte ein breites Bündnis aus Parteien und linken Gruppierungen aufgerufen. Rednerin Uta Saenger von der Gruppe „Omas gegen Rechts“ sagte: „Wer es sich antut, bei den Reden der ,Querdenker’ hinzuhören, entdeckt schnell hinter der Hippiefassade staatsfeindliche, antisemitische und rassistische Töne bis hin zum Aufruf zu Gewalt und Umsturz.“ Mustafa Alin: „Ihr seid Patrioten“: Der Protest der Gegner der Corona-Maßnahmen war unter anderem von einem Mitglied der neuen „Querdenker“-Partei „Die Basis“ organisiert worden – jener Partei, die Ende März ihr erstes Bundestreffen in Hannover abhalten will. Die Partei hatte neben der Bühne einen Informationsstand aufgebaut. Von der Bühne wurde immer wieder dafür geworben, einen Mitgliedsantrag auszufüllen. Als erster Redner der „Querdenker“ trat der ehemaligen TV-Schauspieler Mustafa Alin auf. Er hatte im Dezember Schlagzeilen gemacht, nachdem er sich unter einem Vorwand Zutritt zu einem Krankenhaus in Langenhagen verschaffte und dort mit seinem Handy die trotz der Corona-Pandemie angeblich leeren Stationen filmte. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Alin, unter anderem wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Bestimmungen. „Ihr seid Patrioten“, rief er ins Mikrofon. Die Polizei kontrollierte streng die Atteste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ohne Mund-Nase-Schutz auf dem Opernplatz standen. Einige Teilnehmer mussten die Versammlung verlassen, weil die Einsatzkräfte Zweifel an der Echtheit der Atteste hatten. Es kam teilweise zu Tumulten und Protesten. Kurz vor dem Ende der Versammlung wollte die Polizei vor der Bühne eine Person kontrollieren. Die Umstehenden mischten sich allerdings so massiv in die Arbeit der Polizei ein, dass immer mehr Kräfte nötig waren, um die aufgebrachte Menge unter Kontrolle zu bekommen. Die Einsatzkräfte führten die Organisatorin der Versammlung und die Ehefrau des Polizisten Michael Fritsch, der als Redner an der Demonstration der Gegner der Corona-Maßnahmen teilgenommen hatte, von der Bühne weg. Auf der Liste der Redner stand auch eine 54 Jahre alte Ärztin aus Duderstadt. Gegen sie ermittelt die Polizei wegen des Verdachts des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse. Sie soll in 16 Fällen falsche Atteste gegen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ausgestellt haben. Gegen 20 Uhr war die Versammlung der Gegner der Corona-Maßnahmen beendet. Die Polizei will erst am Montag eine vollständige Bilanz des Einsatzgeschehens ziehen. „Wir haben Ordnungswidrigkeiten eingeleitet und Platzverweise erteilt, die genaue Zahl steht allerdings noch nicht fest“, sagt Behördensprecher Michael Bertram. Von Tobias Morchner