Fast ein Viertel aller Klienten in den Schuldnerberatungsstellen von Diakonie, Caritas und Arbeiterwohlfahrt haben Probleme, ihre Miete zu bezahlen. „Wir brauchen dringend kleine, kostengünstige Wohnungen. Das geht nur über sozialen Wohnungsbau“, fordert Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes.
Schuldnerberater der drei Sozialverbände haben innerhalb der Aktionswoche Schuldnerberatung am Dienstag in Hannovers Innenstadt von den Nöten der Menschen berichtet, die bei ihnen Hilfe suchen. Eine alte Dame hatte mehrere Tausend Euro Mietschulden angehäuft, bis sie den Weg in die Schuldnerberatung fand. Die über Siebzigjährige hat nur eine kleine Rente von 460 Euro im Monat, war nach dem Tod ihres Ehemanns aber in der gemeinsamen Wohnung geblieben. Mit einem kleinen Job und Untervermietung kam sie zuerst noch zurecht. Als das wegfiel, konnte sie die Miete nicht mehr aufbringen.
Überschuldung durch hohe Mieten trifft vor allem Frauen
Awo-Beraterin Birgit Hellwig half der verzweifelten Frau, Grundsicherung im Alter zu beantragen. Ein halbes Jahr zahlt das Jobcenter noch etwas dazu, damit die Witwe sich in der Zeit eine kleinere Wohnung sucht. „Aber sie ist dazu allein gar nicht in der Lage“, sagt Hellwig. Vor allem sind diese Wohnungen so gut wie nicht mehr auf dem Markt. „Selbst bei kommunalen Wohnungsbauunternehmen gibt es kaum passende Angebote“, kritisiert Müller-Brandes. Seine Forderung: Land und Kommunen müssen den Bau von Sozialwohnungen vorantreiben, die für Sozialleistungsempfänger bezahlbar sind.
Die Überschuldung durch zu hohe Mieten trifft vor allem alleinstehende Frauen in mittleren Jahren, also auch Alleinerziehende. Oft ist eine Trennung oder Krankheit der Auslöser für die finanzielle Misere. „Die Einnahmen brechen in einer Lebenskrise weg, die Betroffenen müssten die Ausgaben senken, finden aber keine andere Wohnung“, sagt Martina Sievers vom Diakonischen Werk Hannover. Das Jobcenter zahlt die Miete aktuell bis zu einer Obergrenze von 388 Euro für Alleinlebende.
Wenn das nicht ausreicht, bestreiten Hilfeempfänger den Rest oft aus ihrem Budget für den täglichen Lebensunterhalt. „Eine meiner Klientinnen hat deshalb für Essen, Kleidung, Strom und alles andere nur noch 190 Euro im Monat“, erzählt Caritas-Berater Matthias Wenzel. Nach der Scheidung war der Mann ausgezogen, die Frau kommt aus der Drei-Zimmer-Wohnung mit 600 Euro Mietkosten im Monat nicht heraus. „Die Mietobergrenze des Jobcenters sollte in Großstädten angepasst werden“, fordert Beraterin Hellwig. In Hannover gab es 2008 noch 20.600 Sozialwohnungen mit Mietpreisbindung, aktuell sind es noch knapp 18.600 Wohnungen. Die bisherigen Pläne zur Wiederaufstockung reichen aus Sicht der Schuldnerberater noch nicht aus.
Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen
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Von Bärbel Hilbig