Tag des Notrufs: Rettungssanitäter Heico Feise im HAZ-Interview

Der 11. Februar, abgekürzt 11.2., ist der Tag des Notrufs. Seit 2008 ist die 112 in allen EU-Mitgliedsstaaten sowie in der Schweiz, Türkei, Ukraine, Island, Norwegen und Russland die zentrale Telefonnummer für Notfälle. Die Rettungsdienste sind darüber rund um die Uhr und kostenlos zu erreichen. Heico Feise ist einer von rund 70.000 Menschen, die in Deutschland im Rettungsdienst arbeiten und nach dem Wählen der 112 zum Notfallort ausrücken. Seit fast 30 Jahren ist er für die Johanniter rund um Wunstorf im Einsatz. Herr Feise, was ist gerade die größte Herausforderung bei Ihrem Job? Wir hatten im Rettungsdienst immer schon mit Infektionskrankheiten zu tun, aber das Coronavirus ist eine außergewöhnliche Sache. Da sind wir vor logistische und hygienische Herausforderungen gestellt, die wir alle in der Form noch nicht erlebt hatten. Wir müssen unglaublich viel reinigen, auf den Selbstschutz achten und mit FFP-Masken arbeiten. Das ist schon eine körperliche Belastung und sehr anstrengend. Im letzten Frühjahr ist durch die Corona-Pandemie die Anzahl der Rettungseinsätze zurückgegangen. Wie ist nun die Lage? Anfangs haben die Menschen sich schon sehr gut überlegt, ob sie ins Krankenhaus möchten, und es gab einen leichten Einbruch beim Fahrtenaufkommen. Statt zehn Fahrten hat man nur noch fünf oder sechs gemacht. Dafür sind durch das An- und Ablegen der Schutzausrüstung die Einsatzzeiten länger geworden. Aktuell verspüren wir aber keinen großen Unterschied bei der Zahl der Einsätze mehr. Wie steht es um die Rettungsgasse? Unabhängig von der Pandemie wurden in den vergangenen Jahren auch die fehlenden Rettungsgassen oft thematisiert. Wie sieht es in der Hinsicht aus? Mein persönlicher Eindruck ist, dass es besser geworden ist. Die Bevölkerung arbeitet definitiv mehr mit und fährt von sich aus bei Stau schon rechts und links an den Fahrbahnrand. Es gibt mittlerweile auch viele, die hinten einen Aufkleber auf dem Auto haben, der dazu aufruft, bei Stau eine Rettungsgasse zu bilden. Natürlich ist es ausbaufähig und könnte noch besser sein, aber man merkt, dass darauf mehr geachtet wird. Ein generelles Problem scheint auch zu sein, dass Hausnummern oft schlecht beleuchtet oder zugewachsen sind, was bei einem Notfall wertvolle Zeit kosten kann. Wie beurteilen Sie das? Das ist kein neues Phänomen. Dunkle Zahlen auf dunklen Hauswänden oder bronzefarbene Buchstaben auf Steinen oder Holz sind einfach schlecht zu erkennen. Es wäre wünschenswert, dass die Bevölkerung zum Wohle der Patienten da etwas nachbessern würde und beleuchtete, gut lesbare Zahlen an Hauswänden anbringt, die auch von der Straße aus einsehbar sind. Viele haben zwar eine Hausnummer neben der Haustür, aber wenn dann ein großer Baum den Blick darauf versperrt, ist es schwierig, sie vom Rettungswagen aus zu entdecken. Wie steht es um die Erste-Hilfe-Kenntnisse der Menschen? Die Erste Hilfe ist ein ganz wichtiger Faktor. Ob bei Verkehrsunfällen oder Unfällen im Haushalt sollte man Erste Hilfe leisten. Viele haben Angst, etwas falsch zu machen. Aber falsch ist es nur, nichts zu machen. Wenn man sie regelmäßig trainiert, fühlt man sich sicher mit den Maßnahmen. Deswegen sind meines Erachtens nach Auffrischungskurse sinnvoll und wünschenswert. Auch Berichte über Angriffe auf Rettungskräfte gibt es immer wieder. Haben Sie schon körperliche Gewalt bei Einsätzen erlebt? Das ist ein Phänomen, das leider immer mehr in der Bevölkerung zunimmt. Früher war man als Sanitäter bei Schlägereien oder Auseinandersetzungen immer eine neutrale Person und der Gute, der immer geholfen hat. Mittlerweile wird darauf keine Rücksicht mehr genommen. Ich habe selbst schon körperliche Gewalt erfahren. Man wird des Öfteren bedroht, beleidigt und auch gelegentlich körperlich angegangen. Das betrifft nicht nur den Rettungsdienst, sondern auch die Polizei und die Feuerwehr. Warum üben Sie trotzdem weiterhin diesen Beruf aus? Diejenigen, die diesen Beruf ergriffen haben, machen ihn mit Herzblut. Wir machen das, weil wir auf eine gewisse Art und Weise Idealisten sind und helfen wollen. Deswegen lassen wir uns das von den paar Menschen, die uns respektlos behandeln, nicht kaputtmachen. Man kann nur hoffen, dass es irgendwann wieder zurückgeht und man uns in Ruhe arbeiten lässt. Von Inga Schönfeldt