Der Widerstand gegen die erste Demonstration der islamfeindlichen Pegida-Bewegung am Montag in Hannover bekommt immer mehr Wucht. Die Organisatoren der Gegenveranstaltung „Hannover sagt: Licht aus für Rassisten“ rechnen inzwischen mit bis zu 5000 Teilnehmern. „Verschiedene Migrantenorganisationen haben sich uns inzwischen ebenso angeschlossen, wie Gewerkschaften und Vertreter aller Parteien und Religionsgemeinschaften“, sagt Jasmin Arbabian-Vogel. Sie ist maßgeblich an den Planungen des Anti-Pegida-Protests beteiligt.
Nach HAZ-Informationen wollen sich die Islamfeinde, die in Hannover als Hagida („Hannoveraner gegen die Islamisierung des Abendlandes“) auftreten, am Montag gegen 17.30 Uhr am Steintorplatz versammeln und von dort zum Opernplatz ziehen. Dort soll eine Kundgebung stattfinden. Die Polizei hat diese Route bislang noch nicht offiziell genehmigt. Am Donnerstag sind weitere Gespräche geplant. Die Gegendemonstranten, die von der Marktkirche zum Georgsplatz ziehen wollen, setzten derzeit alles daran, dass die Oper während der Hagida-Versammlung nicht angestrahlt wird. „Wir würden uns auch darüber freuen, wenn viele Geschäftsleute aus Protest gegen die Versammlung das Licht an ihren Gebäuden ebenfalls ausschalten würden“, sagt Arbabian-Vogel. Darüberhinaus haben linke Gruppierungen für jeden Montag der kommenden drei Monate an verschiedenen Plätzen der Innenstadt Kundgebungen gegen die Islamfeinde angemeldet.
Ministerpräsident Weil beteiligt sich an Protest
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wird sich an den Protesten gegen das Hagida-Treffen am 12. Januar beteiligen. „Bei einer Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit und Ausgrenzung bin ich gerne selbst dabei“, sagte er. Neben Weil wollen sich weitere Mitglieder der Landesregierung an dem Protest beteiligen, darunter Innenminister Boris Pistorius und Sozialministerin Cornelia Rundt. Auch Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok stellt mit Blick auf die Islamfeinnde klar: „Wir sind eine weltoffene und tolerante Stadt. Wir akzeptieren keine fremdenfeindlichen Aktionen.“
Die CDU-Ratsfraktion gibt sich bislang etwas zurückhaltend, was ihre Beteiligung an den Anti-Hagida-Protesten betrifft. „Wir wollen nicht gegen die Menschen demonstrieren, die bei der Hagida-Demo mitlaufen“, sagt CDU-Fraktionschef Jens Seidel. Letztlich müsse man mit den Protestlern ins Gespräch kommen und deren Sorgen ernst nehmen. „Wir dürfen nicht alle Menschen in die rechte Ecke stellen“, betonte Seidel. Überzeugt ist er aber, dass hinter der Hagida-Demo Rechtsextreme stecken.
Über den Anmelder der Anti-Islam-Demonstration am Montag ist bislang nur wenig bekannt. Es soll sich nach HAZ-Informationen um eine Einzelperson handeln, die bislang nicht mit fremdenfeindlichen oder rassistischen Aktionen aufgefallen ist. Auch habe er offenbar keinerlei Verbindungen zu rechtsradikalen Organisationen, heißt es aus Ermittlerkreisen.
Jennifer Löffler hatte die Idee zur Gegendemo
„Wir sind eine weltoffene Stadt, aber jetzt müssen wir das auch zeigen“, sagt Jennifer Löffler. Die 38-Jährige, sie leidet an Epilepsie, hatte als erste die Idee, über Facebook zu einer hannoverschen Protestveranstaltung gegen Pegida aufzurufen. 3000 sind ihrer Einladung bisher virtuell gefolgt. Nun geht der wohlfeile Klick im Internet schnell, die echte Teilnehmerzahl später dürfte deutlich darunter liegen. Doch erhält die junge Frau nicht nur freundliche Reaktionen. „Ich bekomme auch Mails von Pegida-Symphatisanten“, sagt sie. „Du bist das Letzte“ oder „Wir finden dich“, heißt es da.
Seit einem Jahr ist Jennifer Löffler auf einen Rollstuhl angewiesen. Nach drei Gehirnoperationen musste sie das Sprechen, Lesen und Schreiben völlig neu erlernen. Sie erzählt das leichthin, in einer etwas abgehackten Sprechweise, sie lächelt viel, macht Pausen. Die breite Wirkung der von ihr ins Leben gerufenen Aktion hat sie überrascht. Weil sie Bedenken hatte, ob sie die „Licht aus“-Veranstaltung allein organisieren kann, hat sie sich Hilfe organisiert – ein Kreis von Aktiven um die Unternehmerin Jasmin Arbabian-Vogel unterstützt sie bei der Vorbereitung. mik
Ein Vorbild, wie man sich der Pegida-Bewegung entgegenstellt, soll Köln sein: Dort wurde am Montagabend zuerst der Dom aus Protest verdunkelt, wenig später sagten die Pegida-Veranstalter ihren Marsch ab, weil die Zahl der Gegendemonstranten zu groß gewesen war.
Von Tobias Morchner und Andreas Schinkel