Unversöhnlich stehen sich Ratsmehrheit und Opposition gegenüber – weil es nicht nur um die beiden geplanten Gebäude geht, sondern auch um die Grundsatzfrage des Tunnelbaus für die U-Bahn. Obwohl die eigentlich längst erledigt ist.
Eine seltsame Allianz focht von den Besucherplätzen gegen die Steintorbebauung. Eiscafébetreiber Massimo Dall’Asta, der nach eigenen Angaben gerade erst 150 000 Euro in sein Café investiert hat und sich vom Platz vertrieben sieht, mit Jens Pielawa von der Initiative D-Tunnel, die die U-Bahn am Steintor trotz anderslautenden Rats- und Regionsbeschlüssen unter die Erde verlagern will, und ein Bürger, der findet, die Stadt verschandele ihre Plätze: Auch der Kröpcke sei vor dem Umbau schöner gewesen.
Dabei geht es im Moment eigentlich nur darum, die Bürgerbeteiligung zu starten. Bereits 2009 hatte der Rat die Planung erstmals begonnen. Weil es jetzt einen Investor gibt, will die Verwaltung das Bebauungsplanverfahren fortsetzen, doch die Politik kann sich nicht durchringen.
Für die CDU-Fraktion verlangte Felix Blaschzyk eine genaue Aufschlüsselung der Kosten, die vor 40 Jahren beim Bau der ungenutzten U-Bahnstationen entstanden sind. Wenn der Platz bebaut wird, stünden sie nicht mehr zur Verfügung. Als die Verwaltung die damaligen Kosten nicht beziffern konnte, trumpfte Tunnelverfechter Pielawa auf: Umgerechnet rund 14 Millionen Euro hätten die Rohbaustationen unter Raschplatz und Steintor gekostet, sagte er. Und fragte provokant: „Wollen Sie dieses Geld leichtfertig verballern?“
Auch Piraten-Politiker Dirk Hillbrecht fragte nach den Kosten, die eine spätere Reaktivierung von Tunnelplänen am Steintor bedeuten könnten, bis Stadtbaurat Uwe Bodemann schließlich sagte: „Beschlusslage von Rat und Regionsversammlung ist, den Tunnelbau nicht weiterzuverfolgen. Wir haben keine Verwaltungskapazitäten, um zu berechnen, was spätere Generationen vielleicht einmal für richtig halten werden.“
FDP-Fraktionschef Wilfried Engelke fragte, ob die Stadt die Verschlechterung des Stadtklimas durch eine weitere Bebauung von Plätzen berücksichtige: „Legen Sie ein Gutachten dazu vor?“ Stadtbaurat Uwe Bodemann versprach auch das, gab geduldig Auskunft dazu, warum der Flächennutzungsplan für dieses Bauprojekt wahrscheinlich nicht geändert werden müsse und dass man die Bauarbeiten so koordinieren werde, dass sie zeitlich nicht mit der Erneuerung der Stadtbahntrasse kollidierten.
Für ihn ist das Vorhaben Teil der Stadtreparatur – und es würde zudem an dieser Stelle den alten, von Hofbaumeister Laves entworfenen Stadtgrundriss wieder herstellen. Geplant sind Geschäfte und Gastronomie in den Untergeschossen, Wohnen unter anderem für Studierende in den Obergeschossen. Ob der Bauausschuss in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten über die Planung entscheiden wird, ist ungewiss.
Darf der Rat überhaupt bauen lassen?
Im Konflikt um die Steintor-Bebauung könnte es ein interessantes juristisches Gehakel geben. Der Bezirksrat Mitte hatte jüngst in einer turbulenten Sitzung versehentlich die gesamte Bebauung abgelehnt. Nach Rechtsauffassung der Stadt kann sich der Verwaltungsausschuss, höchstes Gremium des Rates, darüber hinwegsetzen, wenn gesamtstädtische Belange dafür sprechen. FDP-Ratsherr Wilfried Engelke lässt das gerade prüfen. Denn die Beschlusslage, auf der dieses Vorgehen fußt, stammt von 1995 – damals galt die Niedersächsische Kommunalordnung. In der inzwischen gültigen Kommunalverfassung hingegen ist dieses Hinwegsetzen eines Ratsgremiums über ein Bezirksratsvotum bei Bebauungsplanfragen nach Einschätzung Engelkes nicht vorgesehen. „Das hat man sich offenbar gar nicht vorstellen können“, sagt er. Jetzt beschäftigt das Thema Juristen.