Keiner hat Hannover so intensiv beobachtet und kreativ inszeniert wie der Pressefotograf Wilhelm Hauschild. Von 1924 bis zu seinem Tod während eines Pressetermins 1983 begleitete er Niedergang und Wiederaufbau der Stadt mit strengem dokumentarischem Blick. Viele seiner Bilder aus dem Hauschild-Archiv sind nach dem Abdruck in der HAZ nie wieder gezeigt worden. Jetzt versammelt das neue Hauschild-Buch mehr als 100 Schwarz-Weiß-Fotografien: einige wiederentdeckte, aber größtenteils unbekannte und teils sogar unveröffentlichte Motive.
Es ist ein Blick auf eine stolze Stadt, die sich nach dem Krieg neu erfindet, den Staub der Trümmerlandschaft von sich schüttelt und sich eine neue Modernität gibt. Da sind die Jugendlichen in der Pferdeschwemme unterm Beginenturm im August 1957: im Hintergrund düster die zum Abriss vorbereiteten Häuser der Leineinsel, im Vordergrund aber Mutter und Tochter beim Blättern in der Illustrierten. Kaum ein Bild demonstriert so schön, wie das Leben nach den Kriegsjahren wieder erwacht. Da ist das auf Trümmerschutt aufgebaute Niedersachsenstadion, in das 1968 noch 68 000 Zuschauer passten, stolze 34 400 sogar mit Sitzplätzen.
Der 1902 in Breslau geborene Hauschild lebte seit 1918 in Hannover und entwickelte sich über die Jahre zum wohl wichtigsten Fotochronisten der Stadt. Die im neuen Band versammelten Bildmotive zeigen sehr schön, wie Hauschild die Höhe liebte. Er begleitete Arbeiter auf die Spitze der Marktkirche beim Montieren des neuen Turmhelms. Er kletterte 1960 mit den Handwerkern auf den (später „Telemoritz“ getauften) Fernsehturm am Busbahnhof. Er bestieg im gleichen Jahr den Gasometer am Goetheplatz, um die Garnisonskirche vor ihrer Zerstörung abzulichten, und dokumentierte 1953 beim Besuch von Queen Elisabeth II. die militärischen Zeremonien von der Waterloosäule aus.
Das alte Hannover
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Andere Bilder zeigen Hauschild nah beim Hannoveraner. Etwa 1949 bei der Flusspferdfütterung im Zoologischen Garten, 1950 beim ersten Eilenriede-Motorradrennen nach dem Krieg, 1960 bei der Luftwaffenschau auf dem Klagesmarkt oder im gleichen Jahr bei Juniwetter, als sommerlich gekleidete Flaneure den Zebrastreifen auf der Georgstraße in Höhe Karstadt überqueren. Was sein wacher Blick in der Stadt aufgefangen hat, wird mit knappen Texten von Friedrich Wilhelm Netzel eingeordnet und bleibt so der Nachwelt erhalten: eine junge Stadtgeschichte Hannovers, präzise, anteilnehmend, aber doch mit einer großen Ästhetik, die den Neustart der Stadt begleitet.
„Wilhelm Hauschilds Hannover“, Texte von Friedrich Wilhelm Netzel. Verlag Leuenhagen & Paris, 14,99 Euro.