Wie weiter mit Hannovers Innenstadt? SPD sucht Ideen

Kann es nach Corona ein „Weiter so“ in der Innenstadt geben? Bei einem Onlinedialogforum der Hannover-SPD zur Zukunft der City haben Zuschauer Veränderungen wie mehr Wochenmärkte gefordert oder ein strikteres Verbot etwa von Spielhallen. Mehrere zugeschaltete Experten warnten aber, dass es viel grundlegendere Veränderungen brauche. Tausende Geschäfte schließen: Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund zitierte die neuesten, alarmierenden Zahlen des Handelsverbands. Denen zufolge werden nach Corona bundesweit 82.000 Geschäfte nicht mehr öffnen, was 450.000 Arbeitsplätze kosten könnte. Ein Umbau der derzeit viel zu sehr auf Handel fixierten Innenstädte werde Jahre dauern, aber er müsse jetzt dringend starten, riet Landsberg. Freizeit-, Kultur- und Erlebnisangebote, Wohnetagen über Kaufhäusern, Spielplätze für Kinder und überraschende Handelskonzepte: Darauf setzen jetzt viele Städte europaweit, um der Krise der Ladengeschäfte etwas entgegenzusetzen. Als Sprecher der Innenstadthändler warnte Martin Prenzler aber davor, mit kurzfristig angesagten Trendkonzepten plötzlich uniform und austauschbar zu werden. Hannovers Innenstadt habe eine hervorragende Struktur: „Wenn verkaufsoffene Sonntage sind, dann kommen 200.000 Menschen. Wollen Sie etwa noch mehr?“ „Kein Abgesang auf den Handel“: Auch Monika Dürrer vom Handelsverband Hannover wehrte sich gegen den „Abgesang auf den Handel“: Die Menschen kämen zum Einkaufen in die Stadt, weil sie „etwas Verlockendes finden wollen, das sie vorher noch gar nicht im Sinn hatten“. Auch Gastronomie und Kulturgenuss stünden hoch im Kurs: So etwas könne das Internet kaum bieten. Peter Karst von der Handwerkskammer warb dafür, mehr Vielfalt und Durchmischung in der Stadt zuzulassen und das Zentrum immer zusammen mit der Peripherie zu denken. Lesen Sie auch: Zukunft des Innenstadthandels: Interview mit Müller-Schleipen von den Stadtrettern Konsens war, dass die Digitalisierung vorangehen muss. Stephan Müller-Schleipen vom Netzwerk Die Stadtretter legte aber den Finger in die Wunde. Die Städte setzten beim Digitalisieren oft die falschen, wenig bürgerfreundlichen Prioritäten. Den Ausweis online bestellen brauche man nur alle zehn Jahre. Ständig hingegen müsse man etwa Parkausweise verlängern oder wolle sich einen Überblick über Angebote verschaffen – da aber hake die Digitalisierung oft. Obwohl die Kommunen „einen Schatz von Daten“ hätten, nutzten sie ihn nicht richtig. Lesen Sie auch: Kommentar: Die Innenstadt von Hannover braucht mehr Attraktionen Bürger beteiligen – aber wie? Der Dialogabend war Auftakt zu einer fünfteiligen Gesprächsserie, mit der die SPD offenbar dem geplanten Innenstadt-Dialog von Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) zuvorkommen will. Kurios: Alle Teilnehmenden betonten, wie wichtig es sei, die Bürger nach ihren Wünschen zu befragen. Wobei ein Vorschlag von Landsberg vielstimmigen Zuspruch erhielt. Bei klassischen Bürgerbeteiligungen kämen eigentlich immer nur die gleichen Interessenvertreter zu Wort, kritisierte er. Besser sei es, wenn die Stadt eine bestimmte Anzahl von Bürgern „nach dem Zufallsprinzip aus dem Einwohnermelderegister“ einlade und befrage, was sie sich von der Innenstadt wünschten. „Bitte sofort umsetzen!“, platzte es leidenschaftlich aus Prenzler heraus. Lesen Sie auch: Karstadt-Haus in Hannover geschlossen: Bei den Mitarbeitern fließen Tränen Auch Müller-Schleipen konnte sich für die Idee erwärmen. Er wies aber auch darauf hin, dass manch gute Idee nicht immer sofort mehrheitsfähig ist. Die sogenannten Superblocks in Barcelona etwa, autofreie Stadtquartiere, hätten anfangs viel Protest ausgelöst. „Inzwischen will da keiner mehr wegziehen, weil endlich die Kinder auf den Straßen spielen können“, sagte Müller-Schleipen. Die Veranstaltungsreihe soll ab April fortgesetzt werden mit Abenden etwa zu Kultur, Sicherheit oder Wohnen in der Innenstadt. Termine gibt es noch nicht. Von Conrad von Meding