IServ: Schulplattform teilweise nicht erreichbar

Eine Technikpanne hat den Videounterricht von zahlreichen in der Corona-Krise geschlossenen Schulen in Niedersachsen ausgebremst. Die Serverkapazität sei zwar angesichts des erwarteten Andrangs von Klassen, die den Unterricht per Videokonferenz abhalten wollten, verdoppelt worden, sagte der Geschäftsführer des in Niedersachsen oft genutzten Bildungsservers IServ, Jörg Ludwig. Wegen einer fehlerhaften Einstellung sei es am Montagmorgen aber zunächst nicht möglich gewesen, Videokonferenzen zu starten. Auch in anderen Bundesländern: Tatsächlich war die Schulplattform IServ am Montag über Stunden nicht erreichbar. Dadurch mussten sowohl Konferenzen als auch Digitalunterricht, beides wichtig für das Homeschooling, den Vormittag über ausfallen. Die Panne, die Schulen auch in anderen Regionen Norddeutschlands und Nordrhein-Westfalens betraf, wurde von dem Braunschweiger Unternehmen nach eigener Darstellung am Mittag behoben. „Für die Probleme heute morgen bitten wir um Entschuldigung“, teilte IServ auf Twitter mit. „Die Videokonferenzen laufen wieder. Der Fehler wurde gefunden.“ Man rate den Schulen trotzdem, Videokonferenzen zeitversetzt anzusetzen, damit sich der Andrang entzerre, heiß es weiter. IServ wird bundesweit von rund 4100 Schulen genutzt, darunter auch etliche in der Region Hannover. Laut Kultusministerium lernen nach dem Ende der Ferien rund 94 Prozent der Schüler an den allgemeinbildenden Schulen zu Hause, auch die allermeisten Berufsbildenden Schulen haben auf Distanzunterricht umgestellt. Nach ersten nicht repräsentativen Rückmeldungen sei der Schulstart insgesamt ordentlich verlaufen, teilte ein Sprecher mit. Kultusminister Grant Hendrik Tonne sagte, natürlich sei die gleichzeitige Organisation des Distanzlernens, des Wechselunterrichts für die Abschlussklassen und der Notbetreuung an den Schulen sehr herausfordernd. Da könne nicht gleich alles glatt laufen. Ziel sei es, gerade für die jüngeren Kinder auch auf die Distanz Nähe zu schaffen, sagte der Minister. Stabil gezeigt habe sich die Niedersächsische Bildungscloud (NBC), die im Großen und Ganzen mit den vermehrten Zugriffen gut zu Rande kam, betonte das Ministerium. Allein für das Videokonferenzsystem seien am Montag über 750 Server zusätzlich gestartet worden, um Engpässe bei der Nutzung zu vermeiden. Mit Ausnahme einer 30-minütigen Problemphase, in der das Videokonferenztool nicht störungsfrei lief, habe sich die Bildungscloud aber unter Hochlast bewährt. Kritik an den Technikproblemen äußerte der niedersächsische Schulleitungsverband (SLVN). Die Schulen seien auf den Distanzunterricht vorbereitet gewesen und hätten versucht, per Videoschalte zu den Schülern Kontakt aufzunehmen, sagte Verbandschefin Andrea Kunkel. Wegen der Serverprobleme sei das aber in vielen Fällen nicht wie geplant möglich gewesen, das sei „sehr unglücklich“. Die Schulen hätten daher versucht, auf anderen Wegen Kontakt herzustellen oder die Videotreffen am Nachmittag nachzuholen. „Zu wenig investiert“: Von einem guten Schulstart könne man sicher nicht sprechen, sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP im Landtag, Björn Försterling (FDP). Es habe vielfach Serverprobleme gegeben, es zeige sich, dass in den letzten Monaten einfach zu wenig investiert worden sei in den digitalen Unterricht. Auch Julia Willie Hamburg (Grüne) meinte, die Schulen gäben sicherlich ihr Bestes in der Krise, aber sie seien in diese Situation hineingeschlittert. „Von dem, was wir uns unter gutem Digitalunterricht vorstellen, ist Niedersachsen noch meilenweit entfernt.“ Mit den hohen zeitgleichen Zugriffszahlen hätte man rechnen können, sagt die Bildungsexpertin. IServ wird häufig als Schulplattform oder Bildungsserver bezeichnet. Doch was bedeutet das konkret? Vereinfacht gesagt handelt es sich bei IServ um ein dezentrales Computerprogramm, auf das Lehrkräfte und Schulleiter sowie Schülerinnen und Schüler jeweils mit ihrem individuellen Account von jedem internetfähigen Computer Zugriff haben. So können die Anwender auch zu Hause die Angebote nutzen – eine Grundvoraussetzung für das Homeschooling in Zeiten der Pandemie. Verschiedene Dinge können dann von den Anwendern genutzt werden. Zu den wichtigsten gehören: Jeder Anwender hat eine eigene E-Mailadresse. So können etwa Lehrer mit Schülern in Kontakt treten. Datenaustausch. So können etwa Lehrer der gesamten Klasse Arbeitsblätter zur Verfügung stellen, die dann auch von zu Hause aus erledigt werden können. Ausgefüllte Arbeitsblätter können dann auch von den Schülern wieder zurück an den Lehrer geschickt werden. Seit kurzer Zeit steht auch die Videokonferenz-Funktion zur Verfügung. Schulleitungen und Lehrkräfte können zudem weitere Funktionen zur schulinternen Organisation nutzen, etwa Terminkalender. IServ wird von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen angeboten und ist kostenpflichtig. Es ist indes nicht die einzige Form, über eine Cloud Unterricht zu digitalisieren. In Niedersachsen verbreitet ist etwa auch die sogenannte Bildungscloud (NBC), die direkt vom Land betreut wird. Die Systeme arbeiten oftmals nicht in Konkurrenz zueinander, sondern können miteinander verbunden werden, um weitere Funktionen zu ermöglichen (etwa den Austausch bestimmter Informationen zwischen verschiedenen Schulen). Von Bernd Haase und Saskia Döhner