Impfung gegen das Coronavirus: Seniorin stirbt In Weyhe in Niedersachsen

Kurz nach der Impfung gegen das Coronavirus ist eine 90 Jahre alte Frau in einem Seniorenheim in Weyhe (Landkreis Diepholz) gestorben. Der Gesundheitszustand der 90-Jährigen habe sich am Mittwoch eine Dreiviertelstunde nach der Spritze deutlich verschlechtert, sagte am Donnerstag Landrat Cord Bockhop der HAZ. Zwei Ärzte und zwei Sanitäter des mobilen Impfteams und eine weitere hinzugerufene Notärztin hätten eine halbe Stunde lang erfolglos versucht, die Frau zu reanimieren. „Derzeit können wir nicht sagen, ob es einen Zusammenhang zwischen Impfung und der Todesursache gibt“, sagte Bockhop. „Vorerst besteht nur ein zeitlicher Zusammenhang.“ Eine Obduktion soll nun die Todesursache klären. Die Frau habe allgemein als fit gegolten und sei nach dem Impfgang unauffällig gewesen. Sie sei auf eigenen Wunsch geimpft worden und habe ihre Angehörigen am Telefon über die Impfung informiert. Der Landkreis habe unverzüglich die Landesregierung über den Todesfall informiert. Lesen Sie auch: So viele Menschen wurden bisher in Niedersachsen geimpft Bundesweit zehn Todesfälle bisher: Außerdem soll das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) einen Zusammenhang zwischen Impfung und Todesfall untersuchen. Das PEI überwacht im Auftrag des Bundes die Sicherheit von Impfstoffen und ist nach Angaben von Brigitte Keller-Stanislawski am Donnerstagmorgen am Telefon umfassend über den Fall aus Niedersachsen informiert worden. Keller-Stanislawski leitet die Abteilung Sicherheit von Arzneimitteln beim PEI. Keller-Stanislawski erklärte am Donnerstag in einer Videokonferenz, es habe bundesweit bisher zehn Todesfälle nach einer Impfung gegen das Coronavirus gegeben. Dabei habe es sich ausnahmslos um „schwer kranke Patienten mit akuten Erkrankungen“ im Alter von 79 bis 93 Jahren gehandelt. „Wir gehen davon aus, dass die Patienten an ihrer Grunderkrankung gestorben sind“, sagte Keller-Stanislawski der HAZ. Zum Gesundheitszustand der 90-Jährigen aus Weyhe machte der Landkreis Diepholz aus Gründen des Datenschutzes keine Angaben. „Zum Gesundheitszustand und zu vorangegangenen Behandlungen kann ich nichts sagen“, erklärte Bockhop. Nach Informationen der HAZ hatte die 90-Jährige aber erst vor wenigen Tagen nach einer Operation das Krankenhaus verlassen. PEI-Forscherin Keller-Stanislawski konnte zu dem Fall aus Diepholz am Donnerstag konkret noch nichts sagen. Insgesamt seien dem Institut bis zum vergangenen Sonntag 325 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen bei Impfungen gemeldet worden, darunter 51 Verdachtsfälle mit schwerwiegenden Nebenwirkungen. Zu den schwerwiegenden Fällen zählt das Arzneimittelinstitut auch die zehn Todesfälle. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts waren bis Mittwoch bundesweit mehr als 842.000 Menschen geimpft worden. Eine Sprecherin des niedersächsischen Gesundheitsministeriums erklärte, für eine abschließende Bewertung des Falls aus Diepholz sei es noch zu früh. Lesen Sie auch: Zu viele Corona-Patienten auf der Intensivstation: Klinik sagt schwere OPs ab Dass es bei Impfungen zu schwerwiegenden Komplikationen kommt, ist selten. Das PEI wertet alle Meldungen über vermutete Impfnebenwirkungen aus. Im Frühjahr 2020 wurde die jüngste Bilanz für das Jahr 2018 – also noch vor Corona – herausgegeben: „Im Jahr 2018 wurden 3570 Verdachtsfälle einer Impfkomplikation gemeldet.“ Nachzulesen sind dort etwa Details der Überprüfung von 22 Verdachtsfällen mit tödlichem Verlauf und 82 Fällen mit einem bleibenden Schaden nach Impfung. In keinem Fall wurde ein direkter Zusammenhang zwischen Impfung und gemeldetem Verlauf bestätigt. Der Landkreis Diepholz betonte in einer Mitteilung, dass die Impfungen fortgesetzt würden. Bisher habe es keine weiteren Todesfälle gegeben. Sowohl an der Notwendigkeit der Impfungen als auch an der fachlichen Einschätzung des Impfstoffes bestünden keine Zweifel. Seit dem 5. Januar seien im Landkreis 1371 Menschen in der Hälfte der insgesamt 36 Senioreneinrichtungen geimpft worden. Am Mittwoch waren 315 Menschen in drei Seniorenheimen mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft worden. Kopfweh, Müdigkeit, Schmerzen an der Impfstelle: Solche Nebenwirkungen muss in Kauf nehmen, wer sich mit einer Impfung gegen das Coronavirus schützen will. Zeitlich begrenzte Begleiterscheinungen nach Impfungen sind nicht ungewöhnlich, sagen Impfexperten. Der jetzt in erster Linie in Niedersachsen verwendete Impfstoff von Biontech/Pfizer wurde von Ende Juli bis Mitte November in einer Studie mit insgesamt 44.820 Männern und Frauen untersucht, die im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte wurde. Die Nebenwirkungen waren im Allgemeinen schwach bis mäßig und klangen nach kurzer Zeit wieder ab. Die Auswertung zeigt, dass etwa vorübergehende Schmerzen an der Impfstelle, Kopfschmerzen oder Müdigkeit vorkommen können. Konkret berichteten – je nach Altersgruppe und ob es sich um die erste oder zweite Dosis handelte – 66 bis 83 Prozent von Schmerzen an der Einstichstelle. Bei fünf bis sieben Prozent zeigten sich dort Rötungen oder Schwellungen. Teilnehmer klagten nach der Impfung außerdem über Müdigkeit und Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Durchfall, Muskelschmerzen und Gliederschmerzen. Besonders bei der zweiten Impfdosis bekamen Teilnehmer Fieber. Wenn ein Impfstoff neu zugelassen wird, kann aber niemand jede denkbare Nebenwirkung kennen.„Seltene oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen oder andere Risiken im Zusammenhang mit der Arzneimittelanwendung können in klinischen Prüfungen üblicherweise nicht erkannt werden“, schreiben die Experten vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das Bundesgesundheitsministerium versichert allerdings in seiner Impfstrategie: „Nur Impfstoffe mit dem Nachweis einer positiven Nutzen-Risiko-Bilanz werden zugelassen und kommen in die Versorgung.“ Die Überwachung der breiten Anwendung übernimmt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Es setzt dabei auf Meldungen von Herstellern, Ärzten und Apotheken, aber auch direkt von Patienten und ihren Angehörigen. Für Bürger führt der einfachste Weg über die Online-Plattform nebenwirkungen.bund.de, von wo die Informationen direkt an die zuständigen Behörden gehen. Außerdem ist eine Smartphone-App des PEI verfügbar. Die Anwendung „SafeVac 2.0“ (erhältlich im Google Play Store und im Appstore von Apple) dient laut Institut dazu, möglichst rasch neue Erkenntnisse zu Verträglichkeit und Risiken des Impfstoffs zu gewinnen. Es werde auch erfasst, wie viele der Teilnehmer die Impfung gut vertragen haben. Die Experten erhoffen sich zudem Auskunft über den Schutz vor Covid-19 bei Geimpften innerhalb von zwölf Monaten. Von Karl Doeleke